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    29. Januar 2009

    Landesregierung tritt Elternwillen mit Füßen - unerhörtes Vorgehen der Landesregierung

    "Mit der heutigen Entscheidung der Landesregierung, die 4. Bonner Gesamtschule nun doch nicht zu genehmigen, setzt sich die Landesregierung ins Unrecht und tritt das Elternrecht mit Füßen", zeigt sich die Bonner Landtagsabgeordnete Renate Hendricks erbost. "Noch nie hat eine Gesamtschule in NRW eine so gute Durchmischung der Schülerschaft in der Gründungsphase aufgewiesen, wie die 4. Gesamtschule in Bonn nach den bestehenden Anmeldungen", so Hendricks weiter.

    "Die Rede vom Elternwillen entpuppt sich als reine Heuchelei. In Art der Willkür-Herrschaft setzt sich die Regierung über ihre eigenen Gesetze hinweg, um ihre ideologisch beschränkte Politik durchzusetzen. Dabei versündigt sie sich an den betroffenen Schülern, deren Chancen auf die optimale Entwicklung ihrer individuellen Begabungen behindert werden. Den Ablehnungsbescheid der Landesregierung werde ich im Landtag zur Sprache bringen und mir zudem die rechtliche Begründung darstellen lassen", sagt Hendricks.

    Die von der Landesregierung geforderte Heterogenität der Schülerschaft in dem Sinne, dass mindestens ein Drittel eine mindestens eingeschränkte Grundschulempfehlung für das Gymnasium besitzen muss, ist aus gutem Grund nicht Voraussetzung für die Errichtung einer Gesamtschule. Rechtlich vorgegeben ist lediglich die Bedingung, dass eine Gesamtschule am Ende der Sekundarstufe I eine ausreichende Anzahl von Schülern für die gymnasiale Oberstufe haben muss. Für die Jahrgangsstufe 5 wird eine Leistungsheterogenität - ohne nähere Spezifikation - nur insoweit vorgeschrieben, als sie bei der Auswahl bei überzähligen Anmeldungen zu berücksichtigen ist.

    Die vorgenommene Interpretation dieser Regelungen durch die Landesregierung in Hinblick auf Voraussetzungen in der Jahrgangsstufe 5 ist rechtlich nicht gedeckt und willkürlich. Die tatsächlichen Entwicklungen bei den Übergängen in die Oberstufe an den Gesamtschulen zeigen, dass deutlich mehr Schüler und Schülerinnen die Eignung zum Besuch der Oberstufe erhalten, als Gymnasialempfehlungen beim Übergang von der Grundschule in die weiterführenden Schulen vorlagen. Dies entspricht auch den Erkenntnissen, dass nur 40 Prozent der Grundschulempfehlungen in ihrer Einschätzung über den Werdegang der Schüler und Schülerinnen richtig sind.

    Auf meine Kleine Anfrage 2317 "Begabungsgerechte Heterogenität an Gesamtschulen - welche Regelungen bestehen, welche will das Ministerium noch auf den Weg bringen", erhielt ich noch am 28. März 2008 folgende Antwort:

    "Das Bedürfnis im Sinne des § 78 Abs. 4 und 5 Schulgesetz NRW (SchulG) für die Errichtung einer Gesamtschule hat nicht nur eine quantitative Komponente (erforderliche Schülerzahl), sondern auch eine qualitative Komponente (Leistungsheterogenität). Eine leistungsheterogene Schülerschaft ist ein wesentliches Strukturelement der Gesamtschule. (...)

    Eine Gesamtschule kann die nach § 82 Abs. 8 SchuIG erforderliche Schülerzahl der gymnasialen Oberstufe (42 Schülerinnen und Schüler im ersten Jahr der Qualifikationsphase) nur dann erreichen, wenn sie eine leistungsheterogene Schülerschaft in der Sekundarstufe I hat, also auch das obere Leistungsdrittel vertreten ist. Dies bedeutet konkret, dass ein Drittel der Kinder zumindest mit Einschränkungen für das Gymnasium geeignet sein müssen. (...)

    Die Unterstellung, dass die Landesregierung beabsichtigt, zukünftig für alle Anmeldungen an Gesamtschulen die Leistungsdrittelung zur zwingenden Voraussetzung zu machen, trifft nicht zu."

    Die gesamte Anfrage kann hier nachgelesen werden.
    Auch wenn in dieser Antwort bereits - wie erläutert rechtlich nicht abgesichert - die Drittel-Bedingung erwähnt wird, wird ausdrücklich negiert, dass diese Anforderung für die Anmeldungen an Gesamtschulen zur Voraussetzung gemacht werden soll. Wenn dies nun für neue Gesamtschulen gleichwohl vorausgesetzt wird, will die Landesregierung offenbar die unerwünschte Gründung von Gesamtschulen torpedieren. Denn für eine neu einzurichtende Schule ist diese Bedingung sicherlich weniger einfach zu erfüllen als für eine bekannte und bewährte bestehende Schule.

    "Aus meiner Sicht erscheint der Ablehnungsbescheid der Landesregierung so rechtlich nicht haltbar", kommentiert Hendricks den außergewöhnlichen Vorgang.