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    10. März 2008

    Doppelte Abiturjahrgänge und Schulzeitverkürzung dürfen nicht zu zusätzlichen Warteschleifen führen

    Verantwortung für die Umsetzung wird auf die Schulen verlagert
    Nach den Beschlüssen der KMK werden die Schüler am achtjährigen Gymnasium ab der 5. Klasse bis zum Abitur 265 Wochenstunden (also ca.33 Wochenstunden pro Schuljahr) erhalten. Übungen, Vertiefungsstunden und Projekte können stärker als bisher auf die Unterrichtszeit angerechnet werden. Dies bedeutet mehr Planung und Entscheidung in der einzelnen Schule. Damit haben die Kultusminister den „Schwarzen Peter“ für die Umsetzung der Schulzeitverkürzung den Schulen zugeschustert. Das hektische Herumdoktern wird nun in der Umsetzung zur Sache der Schulen. Bereits jetzt fehlt eine ausreichende Vertiefungszeit für das Üben, Wiederholen und für Phasen des selbständigen Lernens in den Schulen. Notwendig ist es, den Leistungsdruck sofort zu reduzieren: „Individuelle Förderung muss auch im Gymnasium möglich werden“, so Renate Hendricks, MdL.

    Auf Hilfen von der Landesregierung warten die Schulen bisher vergeblich. In NRW sind keine weiteren Ganztagsgymnasien geplant, lediglich das Programm 13 Plus soll für die Gymnasien ausgebaut werden. „Die Landesregierung muss in Verantwortung für die Schüler und Schülerinnen endlich auch den Gymnasien die Möglichkeit geben, sich zu Ganztagsschulen umzubauen“, fordert Hendricks. „Wenn man am vollen Stundenumfang bis zum Abitur festhält, darf man die Tatsache nicht ausblenden, dass gleich viel Unterricht in kürzerer Zeit nur an Ganztagsschulen funktionieren kann“, erläutert Hendricks. In den meisten Staaten der Welt, die bei PISA besser als Deutschland abgeschnitten haben, erhalten die Schülern mehr Unterrichtstunden im Ganztag.

    Strategien und flankierende Maßnahmen für doppelte Abiturjahrgänge jetzt entwickeln
    Die Bonner SPD-Landtagsabgeordnete Renate Hendricks appelliert an die Landesregierung, dass die vielfältigen Probleme, die sich durch die doppelten Abiturjahrgänge im Zeitraum von 2011 bis 2013 auch in Nordrhein-Westfalen ergeben, zielgerichtet ins Visier genommen werden. Die Hochschulen und der sonstige Ausbildungs- und Arbeitsmarktsektor müssen sich auf die in diesen Jahren zahlenmäßig sehr starken Absolventen einstellen. Allein 2011 werden bundesweit jährlich zusätzlich 60.000 junge Leute ihr Abitur ablegen.
    Im Vergleich zum Jahr 2012, in dem rund 75.000 Abiturienten prognostiziert werden, werden es 2013 voraussichtlich rund 134.000 Schülerinnen und Schüler sein, die das Abitur in NRW erlangen. Allein ca. 2.300 Abiturientinnen und Abiturienten werden 2013 aus den Bonner Gymnasien und Gesamtschulen auf den weiteren Ausbildungsmarkt gelangen. Zum Vergleich: Diese Zahl entspricht etwa 2/3 der Studienanfänger an der Bonner Universität im Wintersemester 2006/2007.
    Renate Hendricks: „Nicht nur die Frage der ausreichenden Zahl von Studienplätzen und der damit verbundenen Probleme wird sich stellen, sondern auch in der beruflichen Ausbildung muss Vorsorge getroffen werden: So besteht die Gefahr eines starken Verdrängungswettbewerbs zu Lasten der Real- und vor allem der Hauptschüler“.
    Man kann von einem ”Kamel-Effekt” sprechen, den die Abiturientenjahrgänge in den Jahren 2011 und 2013 verursachen werden. Absolut werden durch die Umstellung auf G8 allein in diesen beiden Jahrgängen über 60. 000 zusätzliche Abiturienten aus den Schulen entlassen. Dieser Kamel-Effekt wird sich auch bei den Ausbildungsplätzen als Verdrängungseffekt bemerkbar machen.
    Auch wenn die jungen Leute nach der Ausbildung eine Anstellung suchen, kann sich dieser Verdrängungswettbewerb zeitversetzt fortsetzen. Bundeswehr und Zivildienst stehen ebenfalls vor der Herausforderung, keine ausreichende Zahl von Plätzen zur Verfügung stellen zu können. Auch für Eltern, deren Kinder in einer "Warteschleife" stehen können, ergibt sich das Problem, dass sie kein Kindergeld erhalten und ihre Kinder versichern und unterhalten müssen. Die vielfältigen Auswirkungen, die mit den doppelten Abiturjahrgängen verbunden sind, müssen daher jetzt in den hierfür zuständigen Gremien aufgearbeitet werden. „Angesichts der Tatsache, dass die ersten doppelten Abiturjahrgänge in den Hochschulen angekommen sind, müsste endlich ein schlüssiges Konzept vorgelegt werden, fordert Hendricks. „Sonst beißen die Hunde die letzten, und die sind die Schüler und Schülerinnen aus NRW.
    Renate Hendricks fordert das Land NRW und die KMK daher auf, endlich Maßnahmen vorzulegen, wie eine Expansion der Hochschulen sowie eine Erweiterung des Ausbildungsmarktes mit der Wirtschaft umgesetzt werden soll. „Nach der misslungenen Umstellung auf die verkürzte Schulzeit darf es am Ende für diese Generation nicht zu einem Desaster kommen, weil sie keine Studienplätze und/oder Ausbildungsplätze vorfinden“, so Hendricks.
    „Die Universität Bonn muss sich auf den Ansturm der Abiturienten vorbereiten und muss ausreichend Studienplätze in allen Studiengängen zur Verfügung stellen, damit die universitäre Ausbildung in Bonn gesichert ist.“, fordert Hendricks.
    Die Wirtschaft bittet Hendricks, sich in einem runden Tisch in Bonn und für die Region bereits jetzt schon Gedanken zu machen, wie den Auswirkungen der doppelten Jahrgänge begegnet werden kann. Dabei geht es auch um die Schaffung von zusätzlichen Ausbildungsplätzen und um Einstellungsmöglichkeiten in den Folgejahren. „Warteschleifen sind zu vermeiden, weil Lebenszeit kostbar ist“, so Hendricks.
    „Es kann und darf es nicht sein, dass die Anzahl der Ausbildungsplätze alleine von der Wirtschaftkraft der jeweiligen Ausbildungsbetriebe abhängt. Ausbildung muss für alle jungen Menschen sichergestellt werden.“ Hendricks fordert daher ein Recht auf Ausbildung zu garantieren.