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    03. April 2008

    Sprachstandsfeststellung in Bonn 2008 - Anna spricht immer noch nicht – weniger Kinder erhielten nach den Sprachstandstest Förderung, als in den Jahren zuvor.

    Anna ist vier Jahre alt, in ihrer geistigen, motorischen und sprachlichen Entwicklung ihren gleichaltrigen Freunden in der Kindertageseinrichtung fast immer einen kleinen Sprung voraus. Anna ist fröhlich und lebendig - ein Wirbelwind mit starkem Willen. Beim Testspiel ein Besuch im Zoo wollte sie gerade mal nicht, jedenfalls nicht, wenn die Erzieherin sie ansprach. Anna fand die sonderbaren Sätze zudem zu komisch, um sie nachzusprechen. Warum sollte ein Bett einen Teppich füttern, so einen Unsinn spricht Anna nicht nach. Aber dies zählt für die Auswertung des Tests.

    Anna kommt aus einem bilingualen Elternhaus. Sie spricht Deutsch und Englisch. In beiden Sprachen bewegt sie sich sicher. Aber bei diesem Test hat sie einfach den Mund nicht aufgemacht. Nach 40 Minuten Test stand Annas Sprachstand für die beobachtenden Grundschullehrerinnen nach Maßgabe des Testverfahrens fest: Anna spricht nicht. Die Mutter kann das Ergebnis nicht glauben. Anna muss jetzt in die zweite Phase des nordrhein-westfälischen Verfahrens zur Feststellung des Sprachstands von Vierjährigen. Auch wenn die Erzieherin davon abrät, will die Grundschullehrerin einen weiteren Test. Bisher war Anna im Kindergarten als besonders sprachbegabt bekannt.

    Diese Szene entspricht der Realität und ist nicht untypisch, wenn in diesen Tagen in Bonn die Sprachtests für Vierjährige wieder durchgeführt werden. „Auch im zweiten Durchgang der Sprachstandsfeststellung in NRW ist immer noch eine viel zu hohe Fehlerquote feststellbar", kritisierte heute Renate Hendricks.

    Das Testverfahren ist immer noch nicht ausgereift und entspricht nicht der Lebenswirklichkeit von Kindern. Vierjährige reden, wenn sie nicht gefragt werden und schweigen, wenn sie sprechen sollen. Zwar hätten die Erzieherinnen im zweiten Durchlauf mehr Möglichkeiten ihr Urteil und ihre Kenntnisse über die Kinder einzubringen, aber die schwierige Testsituation ist noch nicht wirklich abgemildert. Trotzt des sehr aufwendigen Verfahrens werden zu viele Kinder, die eine Förderung benötigen nicht ermittelt. Im ersten Förderjahr nach der Sprachfeststellung kamen in Bonn weniger Kinder in den Genuss einer Sprachförderung, als in den Jahren davor. „Den Ansatz der Stadt Bonn über eigene Sprachdiagnostik und Sprachförderung alle Kinder zu erreichen, die eine Förderung benötigen, halte ich für effektiver und kindgerechter“, führt Hendricks aus.