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    07. April 2008

    Gesetz mit Kinderkrankheiten: Umsetzung hakt noch - U3 Betreuung ist nicht ausreichend gegenfinanziert

    Im Rahmen der politischen Diskussion um das Gesetz zur frühen Bildung und Förderung hat die Landesregierung, die Vorzüge der zukünftigen Gesetzeslage für die Eltern und die Kinder angepriesen. Das Ziel des KiBiz „mehr Geld, mehr Plätze, mehr Flexibilität, mehr Bildung und mehr Qualität in die vorschulische Kinderbetreuung“, lässt sich bisher nicht feststellen.

    Auch schon vor dem Inkrafttreten des von der schwarz-gelben Landesregierung als „modernstes Kindergartengesetz Deutschlands“ betitelten Gesetzes hat die schwarz-gelbe Landesregierung nach eigener Aussage innerhalb von nur drei Jahren für eine Verdreifachung der Plätze für Unterdreijährige gesorgt: Die Zahlen entwickelten sich von ca. 16.000 Plätzen in 2005 auf 31.000 in 2007, das entspricht einer Bedarfsdeckung von ca. 6,7%. In 2008 ist eine Versorgungsquote von 44.600 Plätzen angestrebt, dies entspricht 9,6 %. Man kann heute davon ausgehen, dass der tatsächliche Bedarf zwischen 25% bis 30% landesweit liegt.

    Nur mit Bundesengagement wird in NRW eine Betreuungsquote von 35% für das Jahr 2013 erreicht

    Um das notwendige Angebot an Betreuungsplätzen für Unterdreijährige massiv auszuweiten, hat das Bundeskabinett am 05.09.2007 das Kinderbetreuungsfinanzierungsgesetz (KBFG) beschlossen und die Grundlagen für ein Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Kinderbetreuungsausbau“ gelegt. Der Bund will 2,15 Milliarden Euro für den Ausbau von Kindertagesstätten zur Verfügung stellen. Ferner wird sich der Bund bis 2013 mit 1,85 Milliarden Euro an den zusätzlichen Betriebsausgaben beteiligen. Ab 2014 sollen für denselben Zweck jährlich 770 Millionen Euro bereitgestellt werden.

    Situation in Bonn

    Bonn hatte schon lange eine weit über dem Landesdurchschnitt liegende Versorgungsquote bei den U3 Plätzen. Mit dem KiBiz ist es nicht möglich, in Bonn ein ausreichendes Angebot an U3-Plätzen zu schaffen, stellten nun die Bonner SPD Landtagsabgeordnete Renate Hendricks und der kinder- und jugendpolitische Sprecher der SPD-Ratsfraktion, Ernesto Harder, fest. „Die Stadt Bonn kann die in Bonn nachgefragten U3-Plätze derzeit nicht anbieten, da die Landesregierung mit der Einführung der Betreuungsgebühr für Kindergartenplätze finanzielle Mittel abgeschöpft hat, mit denen ansonsten U3-Plätze hätten finanziert werden könne“, so Hendricks und Harder. Das Ausbausziel der Landesregierung entspricht zudem genau dem der Bundesregierung, mit einem Ausbau auf 35% im Jahr 2013. In NRW wird in der Größenordnung ausgebaut, wie es Geld aus dem Bund für U3-Plätze gibt. In Bonn ist auf Antrag das Ziel beschlossen worden, bis 2012 40 % der Kinder unter drei Jahren mit einem Platz zu versorgen, beschlossen worden. Zurzeit sind fast 20 % erreicht, was etwa 1600 Plätzen entspricht.

    Die Stadt Bonn konnte aufgrund der Mehraufwendungen für die Tageseinrichtungen nach dem KiBiz in diesem Jahr die notwendigen Um- und Ausbauten für weitere U3 Plätze nicht wie geplant vornehmen, da alleine die Förderumstellung auf das KiBiz ca. 2,5 Millionen Euro Mehrausgaben zur Konsequenz haben.

    Ab dem 1.8.2008 mehr als 150 unterschiedliche Beitragsordnungen in NRW

    „Die von der Landesregierung geschaffene Möglichkeit, dass nunmehr jede Kommune und jeder Kreis eigene Kindergartengebühren beschließen kann und soll, führt zu völlig unterschiedlichen Elternbeiträgen im Land. Insbesondere strukturschwache Kommunen oder solche, die sich im HSK befinden, werden gezwungen sein, mehr als 19% als Elternbeiträge zu erwirtschaften.

    Die Stadt Bonn sieht davon ab und hat sehr moderate Elternbeiträge beschlossen. In anderen Kommunen werden hohe Kindergartengebühren die Eltern davon abhalten, ihre Kinder früh und mit einem ausreichenden Stundenvolumen in die Kita zu schicken. Damit konterkariert die Landesregierung alle Erkenntnisse zur frühen Bildung, die insbesondere bei Risikofamilien eine besondere Bedeutung hat.

    „Die unterschiedlichen Betreuungsbeiträge zwischen den Kommunen und Städten alleine in Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis haben mit Gerechtigkeit für die Familien nichts zu tun“, so Hendricks. Die Lebenslagen in NRW gehen damit für Familien immer weiter auseinander, wer nicht mobil ist oder in der falschen Gemeinde wohnt bekommt für seine Kinder schlechtere Ausgangsbedingungen.

    Andere Kommunen in NRW gehen noch ganz andere Wege

    Düsseldorf verzichtet auf Elternbeiträge, Neuss verzichtet ebenfalls und setzt die Grundsteuer hoch, Aachen macht das erste Kindergartenjahr beitragsfrei. Etliche andere Modelle entstehen zurzeit. Eine Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse für Kinder und Familien in NRW gibt es mit dem KiBiz nicht mehr.

    Die Flexibilität der Eltern wird zudem eingeschränkt: Dort wo Eltern früher zwischen den Kreis- und Stadtgrenzen Einrichtungen wählen konnten, werden Kommunen zukünftig vermehrt darauf achten, dass nur noch „ihre Kinder“ mit Zuschüssen aus kommunalen Geldern finanziert werden. Die Wahlfreiheit für die Eltern nimmt also ab. Entsprechende Entwicklungen lassen sich in anderen Bundesländern bereits beobachten.

    Ein wiederholt erklärtes Ziel der Landesregierung war die Abschaffung von Bugwellen in der Kindergartenfinanzierung. Diesem Ziel war die Einführung von Kontingenten in der Anlage zum Kinderbildungsgesetz geschuldet. Hendricks und Harder führten diesbezüglich aus, dass „zumindest die Kontingente für die U3-Plätze seitens der Landesregierung auf Grund des großen öffentlichen Drucks verbal außer Kraft gesetzt worden sind. „Die offensichtlich notwendigen zusätzlichen Mittel – laut Landesregierung rund 12 Mio. Euro – sollten im Haushaltsansatz zum Kinderbildungsgesetz im Rahmen einer „KiBiz-Umstellungsreserve“ bereits enthalten sein. Tatsächlich muss dafür ein Nachtragshaushalt auf den Weg gebracht werden, von dem wir bisher nicht wissen, wann er vorgelegt wird“, so Hendricks.

    Insgesamt lässt sich als Fazit feststellen, dass Freiheiten für Eltern abnehmen. Sowohl in dem Bereich der Finanzierbarkeit von Stunden als auch bei der Wahl der Einrichtungen. Für die Kommunen bedeutet das KiBiz eine weitere Belastung.