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    26. März 2008

    Patientenversorgung und Personalsituation an der Bonner Uniklinik

    LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
    14. Wahlperiode
    Drucksache 14/6668
    06.05.2008

    Antwort
    der Landesregierung
    auf die Kleine Anfrage 2389
    der Abgeordneten Renate Hendricks SPD
    Drucksache 14/6434

    Patientenversorgung und Personalsituation an der Bonner Uniklinik

    Wortlaut der Kleinen Anfrage 2389 vom 6. März 2008:

    Die Uniklinik Bonn steht mit dem geplanten Umzug von Kinderklinik und ehemaliger Poliklinik auf das Gelände des Universitätsklinikums auf dem Venusberg vor tiefgreifenden Umstrukturierungen.
    Die Versorgung der Patienten muss vor diesem Hintergrund sichergestellt werden können. Die geplanten Provisorien bis zum Bezug eines neuen Bettenhauses werden zunehmend aus Kosten- und Platzgründen zum Problem. Nicht gelöst ist der immense zusätzliche Parkraumbedarf, wenn eine große patientenintensive Klinik aus der Stadt auf den Venusberg verlagert wird. Verschiedene Anzeichen sprechen dafür, dass die Situation sowohl für Patienten als auch für Beschäftigte der Uniklinik nicht zufrieden stellend ist und Anlass zur Sorge bereitet.

    So ist eine massive Überbelastung des ärztlichen Personals öffentlich geworden, die zu einer fortgesetzten Überschreitung der Höchstarbeitszeiten führt, so dass das Amt für Arbeitsschutz aufgrund einer Überlastungsanzeige ermittelt (WDR-Wirtschaftsmagazin „markt“, 28.1.2008). Diese Überlastung gefährdet die Versorgung der Patienten. In diesem Zusammenhang sind die Aussagen des Kaufmännischen Direktors des Bonner Uniklinikums Besorgnis erregend, der eine Personalreduzierung nicht ausschließt (General-Anzeiger 26.2.2008, S. 12).

    Darüber hinaus ist eine im Vergleich zu anderen nordrhein-westfälischen Universitäten nicht adäquate Bezahlung des medizinischen Personals festzustellen. So sind nach dem Tarifvertrag für Universitätskliniken aus dem Jahr 2006 an der Universitätsklinik Bonn sämtliche Oberärzte ungeachtet der Dauer ihrer vorherigen oberärztlichen Arbeitstätigkeit in die erste Stufe (ab 1. Dienstjahr) des Tarifvertrages einklassifiziert worden. Das Nachbaruniversitätsklinikum in Köln hingegen hat die Vorzeiten anerkannt und die Oberärzte dementsprechend in die tarifvertraglichen Entgeltklassen eingeteilt. Die Anrechnung von Vorzeiten ärztlicher Tätigkeiten wird im Tarifvertrag ausdrücklich benannt (Tarifvertrag zwischen Tarifgemeinschaft deutscher Länder und Marburger Bund vom 30.10.2006, Abschnitt III, § 16, Abs. 2, S.1) Für Oberärzte kann die neue Entgeltklasseneinteilung an der Universitätsklinik Bonn ein Defizit von bis zu 875 Euro brutto im Monat bedeuten (Differenz von erster zu dritter Stufe). Diese Unterbezahlung ist nicht zu rechtfertigen. Auswärtige Mediziner schreckt die Einklassifizierung in die erste Entgeltklasse zusätzlich ab und verringert so die Attraktivität des Universitätsklinikstandorts Bonn.

    Vor diesen Hintergründen frage ich die Landesregierung:

    1. Die Überschreitung der Höchstarbeitszeiten des ärztlichen Personals gefährdet die Versorgung der Patienten. Wie soll eine Überlastung des ärztlichen Personals zukünftig vermieden werden?

    2. In welchem Ausmaß ist die Reduzierung des Personals an den Universitätskliniken geplant?

    3. Wie rechtfertigt sich die Einklassifizierung sämtlicher Oberärzte an der Universitätsklinik Bonn in die erste Stufe des Tarifvertrages für Oberärzte?

    4. Besteht aufgrund der Unterbezahlung die Gefahr einer Abwanderung der Oberärzte an der Universitätsklinik in Bonn?

    5. Die Universität Bonn will sich zu einem exzellenten Standort für medizinische Forschung und Versorgung entwickeln. Wie soll die Universitätsklinik Bonn angesichts dieser Unterbezahlung Anreize für auswärtiges qualifiziertes medizinisches Personal (Pfleger, Schwestern, Ärzte) schaffen?

    Antwort des Ministers für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie vom 29. April 2008 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales:

    Die Antworten zu den Fragen beruhen auf den Angaben des Universitätsklinikums Bonn.

    Zur Frage 1

    Das Universitätsklinikum Bonn wird – soweit nicht bereits geschehen – die arbeitszeitgesetzlichen und tarifvertraglichen Vorgaben durch die Umsetzung entsprechender Dienstzeitmodelle umsetzen. Diese Aufgabe obliegt dem Vorstand des Universitätsklinikums.

    Zur Frage 2

    Die für das gesamte Krankenhaussystem geltenden Rahmenbedingungen, die verhindern, dass z. B. die Personalkostensteigerungen aufgrund der Tarifverträge für das ärztliche und nichtärztliche Personal (TV-Ä und TV-L) durch die krankenhausfinanzierungsrechtlich zulässigen Budgetsteigerungen aufgefangen werden, machen beim Universitätsklinikum Bonn ebenso wie im übrigen Krankenhausbereich Maßnahmen erforderlich, die einen Anstieg der Kosten einschränken. Im Universitätsklinikum Bonn wird daher derzeit ein Budgetierungssystem eingeführt, das dieses Ziel umsetzen soll. Konkrete Aussagen zu möglichen Personaleinsparungen sind dem Universitätsklinikum Bonn noch nicht möglich.

    Zur Frage 3

    Nach der Stellungnahme des Universitätsklinikums Bonn trifft es nicht zu, dass am Universitätsklinikum Bonn sämtliche Oberärzte in die erste Stufe des Tarifvertrages für Ärzte eingruppiert sind.

    Zu den Fragen 4 und 5

    Das Universitätsklinikum Bonn sieht aufgrund seiner Umsetzung des TV-Ä keine Gefahr der Abwanderung von Oberärzten. Im Übrigen macht das Universitätsklinikum von den Möglichkeiten des TV-Ä und des TV-L Gebrauch, um qualifiziertes Personal zu gewinnen.