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    14. August 2007

    Kompetenzagenturen als wirkungsvolles Mittel zur beruflichen Integration- Wie werden die Kommunen in NRW bei der Schnittstelle Schule und Beruf in Landesprogramme eingebunden?

    LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
    14. Wahlperiode
    Drucksache 14/5089
    20.09.2007

    Antwort
    der Landesregierung
    auf die Kleine Anfrage 1814
    der Abgeordneten Renate Hendricks SPD
    Drucksache 14/4876

    Kompetenzagenturen als wirkungsvolles Mittel zur beruflichen Integration - Wie werden die Kommunen in NRW bei der Schnittstelle Schule und Beruf in Landesprogramme eingebunden?

    Wortlaut der Kleinen Anfrage 1814 vom 9. August 2007:

    In Braunschweig arbeitet seit 2003 eine Kompetenzagentur als Modellprojekt. Dort werden Schüler und Schülerinnen, die Probleme beim Einstieg ins Berufsleben haben, wirkungsvoll unterstützt. Angesichts der großen Zahl Jugendlicher, die in NRW immer noch ohne Ausbildungsplatz sind und die nach der Schule keinen Ausbildungsplatz finden, würde ein solches Modell stärker präventiv arbeiten, als das Werkstattjahr und bessere Integrationsmöglichkeit bieten. Diese Zielgruppe weiß oft nicht, was sie machen soll oder ihre Schulleistungen sind nicht ausreichend für die geäußerten Wünsche.

    Die Kompetenzagentur nimmt zu ihnen und ihren Eltern bereits in der Schulzeit Kontakt auf und hilft ihnen noch vor Ende der Schulzeit. Diese Hilfe beinhaltet, dass Sozialpädagogen und Lehrer über ihre eigentliche Zuständigkeit hinaus bereits an den Hauptschulen Schülerinnen und Schüler mit besonders schlechten Startchancen der Kompetenzagentur als Anlaufstelle empfehlen und mit diesen eng zusammen arbeiten. In ausgefeilten Potenzialanalysen wird dann festgestellt, was die Schülerinnen und Schüler wirklich können.

    In den Kompetenzagenturen werden Schüler und Schülerinnen auf einen erfolgreichen Start ins Berufsleben vorbereitet. Sozialarbeiter begleiten sie von der Schulbank bis zur Ausbildungsstelle oder in geeignete weiterführende Schulen und helfen ihnen herauszufinden, welche Arbeit oder Ausbildung zu ihnen passen würde. Sie schließen eine Vereinbarung darüber mit den Jugendlichen ab, was diese selbst tun wollen, um ihre Ziele tatsächlich zu erreichen. Bei den meisten der Jugendlichen wurde nach Berichten aus Braunschweig ein vorzeitiger Schulabbruch damit vermieden und eine Begeisterung für realistische Berufsziele geweckt.

    Finanziert wurde das Modellprojekt gemeinsam vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, sowie der Europäischen Union und der Stadt Braunschweig. 2007 wurde die Braunschweiger Kompetenzagentur wieder aus Mitteln des Bundes und der EU gefördert.
    Die Kompetenzagentur ergänzt das Angebot von Arbeitsagentur und der Arge an der Schnittstelle zwischen Schule und Beruf. Der präventive Ansatz der Braunschweiger Einrichtung hat sich als erfolgreich erwiesen und geht weit über den Ansatz der Kompetenzchecks in NRW hinaus. Das Projekt findet aufgrund seiner guten Wirkungsweise hohen Anklang. Da diese Probleme in vielen Kommunen virulent sind, eignet sich das Modellprojekt, um von anderen Kommunen übernommen zu werden.

    Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

    1. Die Landesregierung teilte in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage mit, dass „für die ESF-Förderphase 2007 bis 2013 derzeit das „Operationelle Programm Ziel 2“ erarbeitet wird. Dieses neue Programm wird voraussichtlich folgende Schwerpunkte enthalten: "Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit, Jugend und Berufsausbildung, Förderung arbeitsmarktpolitischer Zielgruppen.“ Ist daran gedacht, ähnliche Projekte wie das, der oben beschriebenen Kompetenzagenturen auch für NRW im Rahmen der „Operationellen Programm Ziel 2“ aufzubauen?

    2. Welche Projekte will die Landesregierung auf der Grundlage von gewonnenen Erkenntnissen sowie der der in 2007 noch zur Verfügung stehenden Mittel zusätzlich fördern?

    3. „Jugendlichen in NRW können im Rahmen des Programms „Jugend in Arbeit“ von einer Beraterin oder einem Berater individuell unterstützt und bei der Beschäftigungsaufnahme begleitet werden. Bei Bedarf können die Jugendlichen an einer Berufsbegleitenden Qualifizierung teilnehmen, um ihre Beschäftigungschancen zu verbessern“, teilt die Landesregierung mit. Wie bzw. wo sind die Berater und Beraterinnen verortet?

    4. Wie werden die bereits durch die Landesregierung geförderten Programme mit/in den Kommunen koordiniert bzw. gemeinsam vor Ort entwickelt?

    5. Wie werden die bereits bestehenden Programme auf ihre Wirksamkeit evaluiert?

    Antwort des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 18. September 2007 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration, der Ministerin für Schule und Weiterbildung und dem Finanzminister:

    Bei den in der Kleinen Anfrage angesprochenen Kompetenzagenturen handelt es sich um ein mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördertes Modellprogramm des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Ziel der Kompetenzagenturen ist die berufliche und soziale Integration von Jugendlichen, die besonders gravierende Probleme haben, nach der Schule einen beruflichen Anschluss zu finden.

    Das aktuelle Programm ist eine Ausweitung der seit 2002 in einer Pilotphase geförderten 15 Modellkompetenzagenturen, darunter die in Aachen und in Bonn.

    Die ersten Kompetenzagenturen im neuen Programmdurchlauf haben im Dezember 2006 ihre Arbeit aufgenommen. Nach Mitteilung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend werden in Nordrhein-Westfalen Kompetenzagenturen in 26 Kommunen gefördert; sie sind in der Anlage aufgelistet. Weitere 10 werden in Kürze voraussichtlich genehmigt werden.

    Kompetenzagenturen bieten Hilfen für besonders benachteiligte Jugendliche, die am Übergang von der Schule in den Beruf vom bestehenden System der Hilfsangebote nicht profitieren oder von sich aus den Zugang nicht finden. Sie sollen insbesondere Jugendliche mit Migrationshintergrund sowie Mädchen und junge Frauen erreichen. Die Heranführung an Integrationsangebote soll möglichst präventiv bereits vor dem Schulabschluss erfolgen.

    Die Kompetenzagenturen sind ein Programm des Bundes. Die Finanzierung erfolgt über ESF-Mittel sowie über mittel der Kommunen und des Landes (bestehende Förderung des Kinder- und Jugendförderplanes).

    Der am Ende des einleitenden Textes der Kleinen Anfrage gemachte Vergleich mit dem Kompetenzcheck NRW geht fehl, da die Aktivitäten der Kompetenzagenturen sich an eine klar umgrenzte Zielgruppe von besonders benachteiligten Jugendlichen mit massiven Problemen bei der Integration in den Arbeitsmarkt richten, während der Kompetenzcheck ein generelles Angebot der Berufsorientierung an alle Schülerinnen und Schüler der Klasse 9 war, die die Absicht erklärten, eventuell eine duale Ausbildung anzustreben.

    Zur Frage 1

    Nein.

    Zur Frage 2

    Neben den Programmlinien „Betrieb und Schule“ (BUS) und „Werkstattjahr“, die beide im Übergang von der Schule in Beruf und Ausbildung angesiedelt sind, sowie der Förderung von Projekten im Übergang Schule/Beruf für benachteiligte Jugendliche aus Mitteln des Kinder- und Jugendförderplanes, wird aktuell das Landespilotprojekt „Eintopf“ im Kreis Minden-Lübbecke und der Stadt Bielefeld seit dem 01. Mai 2007, im Kreis Siegen-Wittgenstein sowie den kreisfreien Städten, Essen, Mülheim und Oberhausen ab dem 01. September 2007 durchgeführt.
    Zusätzliche regionale Projekte sind aktuell nicht vorgesehen.

    Zur Frage 3

    Die Beraterinnen und Berater der Initiative „Jugend in Arbeit plus“ (JA plus) sind in der Regel Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von freien Trägern aus dem Bereich der Wohlfahrtspflege, von kommunalen Beschäftigungsgesellschaften und von Trägern der Jugendberufshilfe. Die Auswahl der Träger für eine Mitwirkung an der Initiative erfolgte im regionalen Konsens über die arbeitsmarktpolitischen Beteiligungsstrukturen.

    Zur Frage 4

    Das „Werkstattjahr“ wird durch die Regionalagenturen koordiniert. Die Koordination der Schulen, die „Betrieb und Schule“ umsetzen, erfolgt über die Schulaufsicht auf Ebene der Kreise bzw. kreisfreien Städte.
    Die Projekte in Förderung des Kinder- und Jugendförderplanes werden durch die Träger vor Ort unter Berücksichtigung der kommunalen Jugendhilfeplanung durchgeführt.

    Zur Frage 5

    „Betrieb und Schule“ wird kontinuierlich durch die Landes-Gewerbe-Förderungsstelle des nordrhein-westfälischen Handwerks e.V. (LGH) evaluiert. Die dort erhobenen Daten bestätigen weiterhin die Ergebnisse der Evaluation des Programms durch das Institut für Schulentwicklungsforschung an der Universität Dortmund, die im Juni 2004 veröffentlicht wurde.
    Die Evaluation des Werkstattjahres wird aktuell noch durch die Universität zu Köln, Professur für Berufs- und Wirtschaftspädagogik, durchgeführt.