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    16. Mai 2008

    Nordrhein-Westfalen wird Ganztagsland Nr. 1 in Deutschland - Ganztagausbau in den Schulen jetzt zügig umsetzen

    Entwurf zu der Rede von Renate Hendricks MdL im Plenum am 16.5.2008 zum Antrag der CDU und FDP - Nordrhein-Westfalen wird Ganztagsland Nr. 1 in Deutschland - Ganztagausbau in den Schulen jetzt zügig umsetzen Anrede, meine sehr verehrten Damen und Herren, vom Grundsatz her sind sich alle Fraktionen in diesem Haus einig, dass wir mit dem Ausbau des Ganztages in NRW weiterkommen müssen. Sie wollen NRW zum Ganztagsland Nr. 1 machen. NRW ist dies bereits seit vielen Jahren, denn bundesweit hatte NRW bereits Anfang dieses Jahrtausend den höchsten Ausbaustand an Ganztagschulen. 20% der nordrhein-westfälischen Schüler nahmen 2001 an einem Ganztagsangebot teil. Aber vielleicht wollen sie sich Europa zum Vorbild nehmen, aber dann sollten sie die Reform des Schulsystems gleich mit anpacken. In den vergangenen Jahren hat Nordrhein-Westfalen ein unter den Bundesländern einmaliges Ausbauprogramm im Bereich der Ganztagsschulen umgesetzt. Mit der Einführung der Offenen Ganztagsschule durch die rot-grüne Landesregierung wurde ein flächendeckendes und bedarfsgerechtes Ganztagsangebot an den Grundschulen ermöglicht. Ich kann mich noch sehr gut an Auseinandersetzungen im Wahlkampf erinnern, bei denen sie diesen Umbau der Grundschule vehement bekämpft haben. Mit Hilfe des Programms der rot-grünen Bundesregierung "Zukunft Bildung und Betreuung" konnte in NRW mehr als eine Milliarde Euro in den räumlichen Ausbau der Ganztagsschulen investiert werden. An diese sehr gute Ausgangslage können Sie anknüpfen. Diese Offene Ganztagsgrundschule ist ein Erfolgsmodell, das sich dynamisch entwickelt hat. 2003 starteten 235 Schulen mit rund 12.000 Plätzen. Schon ein Jahr später waren es 703 Schulen mit 35.000 Plätzen. 2005 wuchs die Zahl auf 1401 Schulen mit mehr als 71.000 Plätzen. Nur ein Jahr später waren es schon 2.200 Schulen mit 115.000 Plätzen. Aktuell beteiligen sich ca. 2.881 Schulen, die für 164.500 Schülerinnen und Schüler Ganztagsplätze anbieten. Wir freuen uns, dass sie dieses erfolgreiche Programm der rot-grünen Landesregierung fortführen und erweitern. Allerdings ergeben sich hier in der Zwischenzeit Probleme. In etlichen Grundschulen verkehren sich die Teilnahmezahlen am Ganztag. Nicht mehr 30-40% nehmen am Ganztag teil, sondern 70-80% Schüler und Schülerinnen nehmen am Ganztag teil, hier muss es den Grundschulen zukünftig möglich sein, eine sich an der Mehrheit der Schüler und Schülerinnen orientierende Tagestruktur einzuführen. Dazu sagen sie leider kein Wort in ihrem Antrag. Bevor sie sich an der Vorgänger-Regierung abarbeiten,um ihre Erfolge besser feiern zu können, täte ein wenig Ehrlichkeit dem politischen Stil in diesem Hause gut. Nach den ersten drei Regierungsjahren 2005 bis 2008 sieht die Bilanz ihrer Politik nicht ganz so positiv aus. Sie hatten entschieden, nur Hauptschulen und Förderschulen in den Genuss eines 30% Ganztagszuschlages kommen zu lassen. Dort kann der Ganztag seine pädagogischen Vorzüge unter den derzeitigen Bedingungen kaum entfalten. Die Selektionsmechanismen des Schulsystems und der Rückgang der Schülerzahlen führen immer stärker zu homogenen Lerngruppen, in denen sich die Probleme manifestieren. Zunächst sollte ein Drittel der Hauptschulen in Ganztagschulen umgewandelt werden. Dies war fatal – wie sie nun Gott sei gedankt - selber einsehen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur durch das Modell "9 + 3" zu einer übermäßigen Verdichtung in der Sekundarstufe I des Gymnasiums geführt hat. Dies belastet insbesondere jüngere Schülerinnen und Schüler in unverantwortlicher Weise, weil die Landesregierung eine Reform eingeleitet hat, ohne sich rechtzeitig um adäquate Rahmenbedingungen zu kümmern. Entsprechend wütende Briefe und Proteste von Eltern haben sie und uns erreicht. Eltern und Lehrer wollen, dass mit der Unterrichtsverdichtung auch eine entsprechende Ausstattung der Schulen für eine Übermittagsbetreuung, eine Mittagsverpflegung, einhergehend mit einem pädagogisch strukturierten Tagesrhythmus angeboten wird. Stattdessen haben sie versucht den Samstagsunterricht neu zu beleben – gegen den Widerstand der Schulen, „Ganztag statt Samstag“ lautet ein Slogan in NRW, der sich gegen ihre Pläne wendete. Der Versuch, mit der Landeselternschaft der Gymnasien Verabredungen über die Unterrichtsbelastung der verschiedenen Jahrgänge am Nachmittag zu treffen sind von den Eltern und Lehrern alles andere als positiv aufgenommen worden. Dies alles wäre vermeidbar gewesen, wenn der von der ehemaligen rot-grünen Regierungskoalition geplante Ausbau schulischer Ganztagsangebote aufgegriffen bzw. die vorliegenden Konzepte umgesetzt worden wären. Anträge der Fraktion der SPD im Landtag sind seit Beginn dieser Legislaturperiode kontinuierlich gestellt und von ihnen niedergestimmt worden. Unsere Anträge haben wir zudem durch entsprechende Haushaltsanträge hinterlegt und gegenfinanziert. Grundsätzlich begrüßen wir ihren Sinneswandel und die Korrektur ihres Vorgehens, endlich auch Realschulen und Gymnasien zu fördern. Wir sehen uns in unseren Forderungen und unserer Politik damit bestätig. Was völlig unverständlich bleibt ist:
    • 1. Neugründung von Gesamtschulen soll es nach dem Willen dieser Landesregierung und insbesondere nach Meinung des Staatsekretärs aus dem Schulministerium nicht mehr geben.
    • 2. Neue Gesamtschulen bekommen keinen Ganztagszuschlag. Damit soll die Nachfrage der Eltern durch eine Verhinderungspolitik gesteuert werden. Gleichwohl haben in diesem Jahr wieder Tausende von Kindern keinen Gesamtschulplatz in NRW erhalten.
    Was in ihrem Programm fehlt, ist ein deutlicher Hinweis auf die Art und Weise, wie zukünftig die sinnvolle und notwendige Kooperation von Schule und Jugendhilfe ausgestaltet werden soll. Nach unserer Meinung ist diese im Sinne der Kinder und Jugendlichen im Ganztag dauerhaft erforderlich. Mit dem vorliegenden Ausbauprogramm wird endlich ein richtiger Schritt eingeleitet. Was die praktische Umsetzbarkeit in den Schulen angeht, wird es bei den meisten Schulen frühestens im Jahr 2009 beginnend mit der fünften Klasse aufwachsende Ganztagsangebote geben können. Insgesamt bleibt die Ganztagsoffensive der Landesregierung hinter den Bedürfnissen der Schulen zurück. Die Begrenzung des Ausbauplans auf eine Schule pro Kreis bzw. kreisfreie Stadt ist weltfremd. Hier wird sie die Realität erneut einholen und sie werden nachlegen müssen.