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    19. Juni 2008

    Das Krisenmanagement beim Zentralabitur offenbart Führungsschwächen im Schulministerium

    Rede zum Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Das Krisenmanagement beim Zentralabitur offenbart Führungsschwächen im Schulministerium Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Zuschauer auf der Tribüne! Was wir heute Morgen gehört haben, kommt mehr einer Entlastungsstrategie als einer Entschuldigung gleich, die dieses Land eigentlich verdient hätte, vor allen Dingen aber die Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen. Es geht auch gar nicht um die Frage, ob wir das Zentralabitur haben wollen oder ob nicht. In diesem Punkt sind wir uns alle einig. Ich erinnere daran, dass die SPD das Zentralabitur in diesem Land gemeinsam mit den Grünen auf den Weg gebracht hat. Es ist also nicht so, als wenn wir uns über diesen Punkt streiten sollten. Ich weiß, dass Sie Geschichte auch ganz gerne verleugnen. Ihnen fällt immer nur „39 Jahre“ ein. Aber das reicht an diesem Punkt einfach nicht. Meine Damen und Herren, wenn man Neuland betritt – das haben Sie mit der Durchführung des Zentralabiturs getan –, dann sollte man sich vielleicht einmal bei denen erkundigen, die bereits Sachkompetenz haben. Ich weiß, dass Sie das bei der Frage der Durchführung des Abiturs in Baden-Württemberg durchaus getan haben. Hinterher haben Sie auch einen erstaunlichen Scharfsinn in den Sicherheitsmaßnahmen an den Tag gelegt. Was man vonseiten des Ministeriums aber offenbar nicht hinterfragt hat, sind die angemessenen Schwierigkeitsgrade von Aufgaben und die Anforderungen, um Mathematikkenntnisse wirklich abprüfen zu können. Mathe-Cracks als Lehrer stellen nun einmal nicht den Durchschnitt dar. Die von ihnen erarbeiteten Klausuren gehören nicht zu den Klausuren, die der Durchschnitt lösen kann. Das sei aber zunächst einmal nur dahingestellt. Seit April dieses Jahres reißt die Kritik am Abitur nicht ab. Bereits im April 2008 schrieb der „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass Schülern und Schülerinnen zwei Minuten, nachdem sie mit der Abiturklausur begonnen hatten, klar war, welcher Mathemurks hier stattfand. Ich habe Ihnen einmal mitgebracht, was in der Presseschau des Landtags von Nordrhein-Westfalen zum Thema Abitur in den letzten Monaten abgedruckt worden ist:
  • „Nach dem Abi, vor dem Abi“,
  • „Zentrale Schulprüfungen sind riskant“,
  • „Neue Pannen an Schulen“,
  • „Das war doch viel zu schwer“,
  • „Tohuwabohu bei zentralen Schulabschlüssen“,
  • „Ministerin rechtfertigt Abiprüfungen“,
  • „NRW-Abiturienten wiederholen Matheklausur“,
  • „Noch ein Fehler im Matheabitur“,
  • „Zweite Chance für Opfer des Pannenabiturs“, und so weiter.
  • Am Ende steht: Rüttgers soll die Abi-Panne zur Chefsache machen. – So kann man es auch machen. Und Herr Solf stellt sich hierhin und sagt: Alles nur gelogen! Herr Solf, sagen Sie uns doch, was tatsächlich gelogen war! Beweisen Sie uns die Lüge doch! Darüber hinaus sagen Sie auch noch: Alles makellos! – Das heißt: ohne Makel. Aber das Krisenmanagement, das Sie an den Tag gelegt haben, ist wahrlich nicht ohne Makel. Fakt ist: Das „Experiment Sommer“ ist weniger ein Experiment als ein „Modell“, vielleicht sollte ich sagen: ein sympathisches Model. Morgen finden in Nordrhein-Westfalen die Abiturfeiern statt. Die betroffenen Schüler und Schülerinnen können ihr Abiturzeugnis dann allerdings nicht entgegennehmen. Es ist sozusagen ein Zeichen des Chaos in Nordrhein-Westfalen. Das Ministerium versucht eher, den eigenen Kopf zu retten, als den berechtigten Eingaben aus den Schulen Glauben zu schenken und eine realistische Einschätzung vorzunehmen. Das Zentralabitur 2008, insbesondere aber das Krisenmanagement ist eines gut geführten Ministeriums unwürdig, erst recht einer verantwortlichen Politik zum Wohle der Schüler und Schülerinnen. Das gilt für die Ministerin, aber noch viel mehr für den Staatssekretär, denn er ist für das operative Geschäft zuständig, und nicht zuletzt für den Pressesprecher. Was in den letzten Wochen an Abwiegelungen, Durcheinander, Fehlinterpretationen und Fehlinformationen von diesem Ministerium verbreitet wurde, kann nur als planlos, unfähig, hektisch, unkoordiniert und unsensibel im Umgang mit den Betroffenen bezeichnet werden. Der Staatssekretär hält sich bedeckt, die Ministerin erzählt Widersprüchliches, und der Pressesprecher redet das Ganze noch schön. Volle zwei Monate nach den Rückmeldungen der Lehrer und den Eltern aus den Schulen, die Alarm geschlagen haben, durfte die Matheklausur nun nachgeschrieben werden. Späte Einsicht ist manchmal zu spät, um Schaden von der Kultusbürokratie abzuwenden. Nicht die Verantwortlichen des Ministeriums haben die Notbremse gezogen, sondern der Ministerpräsident persönlich. Sein Machtwort hat die größten Probleme aufgefangen. - Sehr schön! Wofür brauchen Sie dann noch eine Ministerin? – Politischen Instinkt, Herr Ministerpräsident, haben Sie mit dem Machtwort bewiesen. Ziehen Sie jetzt die Verantwortlichen zur Rechenschaft! Tragen Sie die Verantwortung für dieses Mathechaos in Nordrhein-Westfalen!