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    08. Oktober 2009

    Rede von Renate Hendricks im Plenum am 08.10.2009 zum Antrag Bündnis 90/ Die Grünen: Eltern nicht im Regen stehen lassen - Kommunen beim Ausbau von U3 Plätzen besser unterstützen Zum Antrag

    - Es gilt das gesprochene Wort -

    Sehr geehrte Frau Präsidentin,
    meine Damen und Herren,

    ich will es gleich zu Anfang sagen, wir stimmen dem Antrag der Grünen zu. Denn der Beschlussvorschlag aus den Ausschüssen orientiert sich nicht an der Realität in NRW, sondern an den Wunschvorstellungen der Koalition.

    Dass diese Wunschvorstellungen weit hinter den Realisierungserfolgen zurück bleiben haben die Anhörungen im Landtag in aller Klarheit verdeutlicht.

    Nach den Bundesrechtlichen Vorgaben müssen in NRW bis 2010 90.000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren vorhanden sein. Darüber hinaus hat der Landtag NRW am 25. Oktober des Jahres 2007 mit den Stimmen von CDU und FDP die Landesregierung aufgefordert, gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden im Laufe des Kindergartenjahres 2010/11 einen Rechtsanspruch für alle zweijährigen Kinder umzusetzen.

    Aus den Spitzenverbänden ist zu hören, dass dies wohl nur schwerlich gelingen wird. Nach der Logik des Kinderbildungsgesetzes findet die Anmeldung der kommunalen Bedarfszahlen für das Kindergartenjahr 2010/2011 am 15. März 2010 statt. Bis dahin sind es noch nicht einmal sechs Monate.

    Das Land erhält im Jahr 2009 für die Betriebskosten in den Kindertageseinrichtungen vom Bund 22 Mio. Euro. Dieser Betrag soll, wie es in der entsprechenden Vereinbarung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Betreuungsausbau heißt:

    "tatsächlich und zusätzlich den Kommunen und Trägern zur Verfügung gestellt werden."

    Die Landesregierung wollte diese Beträge über den normalen Gemeindefinanzierungsschlüssel verteilen. Wodurch nur 21,83 respektive 23% der Mittel bei den Kommunen wirklich angekommen sind. Für die Folgejahre sahen die Summen für die Kommunen durch diesen Verteilungsschlüssel abenteuerlich aus:
    Es handelt sich um einen Selbstbedienungsladen des Landes auf Kosten der Kommunen. Der Städtetag hat sich deshalb gegen die nicht erfolgte Weiterleitungen der Betriebskosten mit aller Deutlichkeit gewandt. Insbesondere vor dem Hintergrund des Anwachsens der Bundesmittel und der hohen Nicht-Überweisungen an die Kommunen.

    Tatsächlich stehen, bei Beibehaltung der derzeitigen Systematik des Landes, den Kommunen in sechs Jahren Bundesmittel für die Betriebskosten der in Höhe von 563 Mio. Euro zu. Die Kommunen sollten davon aber nur rund 130 Mio. Euro erhalten. Das bedeutet ein Plus von mehr als 430 Mio. Euro für den NRW-Finanzminister.

    Meine Damen und Herren von der Regierung, der Bund wusste, als er das Kinderfördergesetz 2008 auf den Weg brachte, dass das Land NRW seinen Kommunen Geld für den Ausbau der U-3-Betreuung geben wollte und musste. Der Bund ist davon ausgegangen, dass er auf das NRW-Geld noch etwas drauf legen wollte, um den Ausbau zu beschleunigen. Wie man in der Vereinbarung mit dem Bund aus dem Jahre 2007 nachlesen kann. Dort heißt es:

    "Die Länder werden durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge tragen, dass sich die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel tatsächlich und zusätzlich den Kommunen und Trägern zur Verfügung stellen."

    Die kann für NRW aber nur dann zutreffen, wenn NRW die Absicht hatte, das eigene Engagement zurückzufahren. Dies lässt sich aber mit dem Anspruch, einen möglichst hohen Ausbaustand bei der Kinderbetreuung zu erreichen und das kinderfreundlichste Land der Republik zu werden nicht vereinbaren. Oder sollten wir hier etwas falsch verstanden haben?

    Waren es im Jahr noch rund 23%, so beabsichtige das Land im Jahr 2010 die Weiterleitung auf Null Prozent zu setzen. Damit wird der Landeshaushalt nicht saniert, die Kommunen nachhaltig belastet und ein psychologischer Flurschaden verursacht. Die ersten Kämmerer melden nämlich schon an, dass bei diesem Vorgehen der Landesregierung auch in den Kommunen keine Verpflichtung bestehen kann den erforderlichen Ausbaustand zu erreichen. Damit ist ihr Vorgehen politisch ineffizient.

    Dies meine Damen und Herren erfolgt vor dem Hintergrund, dass der finanzielle Spielraum der Städte und Kommunen keinerlei Spielräume mehr aufweist und dass die Kommunen auf jeden Landeseuro noch zwei kommunale Euro drauflegen müssen.

    Der von der CDU/FDP-Mehrheit im Landtag beschlossene Rechtsanspruch wird jedoch von den Eltern nicht gegenüber dem Land, sondern gegenüber den Kommunen geltend gemacht. Ein fehlender Ausbaustand würde zu Protesten, Unruhen, ja Klagen der Eltern gegenüber den Kommunen führen. Die Kommunen fordern völlig zu Recht, dass sie zunächst alle, für sie vorgesehenen Mittel vom Bund auch erhalten, bevor das Land mit ihnen über die Frage eines Rechtsanspruchs redet.

    Dabei kann heute niemand sagen, wie viele Eltern von diesem Rechtsanspruch Gebrauch machen werden. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass es deutlich mehr Eltern sein werden, als die bis 2013 angestrebten 35 Prozent. Insbesondere in den Städten lässt sich bereits heute eine Nachfrage von 40 bis 50 Prozent feststellen. Die Quote der allein Erziehenden und/oder berufstätigen Mütter stellt sich dort ganz anders dar, als auf dem Land. Damit rollt ein unbekanntes Ausgabenvolumen auf die Kommunen zu, während das Land die Finanzierungszusagen nicht einhält und Bundesgelder nicht weiterleitet.

    An dieser Stelle sei festgehalten, dass der Ausbau der Betreuungsplätze für unter dreijährige Kinder nicht wegen des KiBiz betrieben wird.
    Der Ausbau der Plätze beruht im Wesentlichen auf Vereinbarungen zwischen dem Bund und den Ländern – das steht übrigens so im KiBiz (§ 21 Abs. 5) – und ist auf eine Reihe bundesweiter Initiativen zurückzuführen, die unter rot-grün eingeführt und dann in der großen Koalition fortgesetzt wurden.

    Wenn Sie, Herr Minister Laschet immer wieder sagen: "Das KiBiz wirkt", so können wir dem nur entgegnen: "Ja, es wirkt als Spargesetz." Es bewahrt den Finanzminister davor, die bundesweiten Vereinbarungen zu schnell umzusetzen. Jeder Ausbauplatz steht unter Haushaltsvorbehalt. Nachbewilligungen stellen in der Tat keine Planungssicherheit für die Kommunen dar und führen nicht zu einem ausreichenden Angebot an U-3-Plätzen. Also beenden Sie endlich die Hängepartien für die Eltern und Kommunen und setzen sie die Träger der Einrichtung in die Lage, den erforderlichen Ausbaustand zügig und bedarfsgerecht vorzunehmen. Reichen sie das Bundesgeld 1:1 an die Kommunen weiter. Das dient der Glaubwürdigkeit und der Familienfreundlichkeit.