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    21. Februar 2008

    Marburger Studie - Lesen durch Schreiben: Antwort der Landesregierung vom 29.11.2007

    LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
    14. Wahlperiode
    Drucksache 14/6464
    28.03.2008

    Antwort
    der Landesregierung
    auf die Kleine Anfrage 2312
    der Abgeordneten Renate Hendricks SPD
    Drucksache 14/6199

    Marburger Studie - Lesen durch Schreiben - Antwort der Landesregierung vom 29.11.2007

    Wortlaut der Kleinen Anfrage 2312 vom 12. Februar 2008:

    Am 22. Oktober 2007 stellte ich eine Anfrage zum Thema: Lesen durch Schreiben, die mit der Antwort vom 29.11.2007 beantwortet wurde.

    An den nordrhein-westfälischen Grundschulen ist die Methode "Lesen Durch Schreiben" weit verbreitet und viele Lehrer/ Innen wenden diese in ihrem Unterricht an. Mittlerweile erfuhr die Methode „Lesen durch Schreiben“ jedoch massive Kritik. Dies belegt auch die auf 2 Jahre angelegte so genannte „Marburger Studie“. Die Ergebnisse der Studie belegen beispielsweise, dass der Unterricht mit der Methode 16 % rechtschreibschwache Kinder produziert hat.
    Nach Klasse 2 steigt die Zahl der geschädigten Kinder auf dramatische 23 % an. Bei einem Unterricht mit der Fibel liegt die Zahl der rechtschreibschwachen Kinder nach Klasse 1 bei 6 %, nach der Klasse 2 bei 5 %. Die Anzahl der schlechten Rechtschreiber ist bei Kindern, die nach der Methode unterrichtet wurden, nahezu fünfmal so hoch wie bei Kindern, die nach einer Fibel unterrichtet wurden.

    In meiner Anfrage vom 22. Oktober lautete eine Frage, ob der Landesregierung diese Studie bekannt sei. Die Antwortet der Landesregierung lautete: Ja!

    Da ein lapidares „Ja“, keinerlei Hinweise darauf gibt, welche Konsequenzen und welche Bedeutung die Landesregierung dieser Studie beimisst, frage ich die Landesregierung erneut:

    1. Wie geht die Landesregierung mit diesen kritischen Forschungsergebnissen zur Lese- Lern-Methode um?

    2. Ist daran gedacht den Ergebnissen durch eigene Forschung in NRW nachzugehen?

    3. Wie kann die Landesregierung nachvollziehen, wie erfolgreich die „individuelle Förderung“ von Kindern in den Schulen gelingt, wenn ihr wesentlichen Daten und Fakten dazu nicht vorliegen?

    4. Wie evaluiert die Landesregierung den Erfolg der individuellen Förderung von Kindern in den Schulen, bzw. welche Kriterien werden für diesen Erfolg zugrunde gelegt?

    5. Die Landesregierung führt in der Antwort auf meine Anfrage aus. “Die Lehrerinnen und Lehrer in den Grundschulen verfügen über eine hohe und vielfältige Methodenkompetenz. Unabhängig von der gewählten Unterrichtsmethode ist es Aufgabe von Lehrerinnen und Lehrern, die Lernentwicklung eines jeden Schülers zu beobachten und zu begleiten, um frühzeitig mögliche Schwierigkeiten im Lernprozess zu erkennen und durch geeignete Fördermaßnahmen entgegenwirken zu können“. Wie bewertet die Landesregierung die Aussagen von Eltern, die die Feststellung machen mussten, dass diese Lese-Lern-Methode für ihr Kind große Probleme in der Rechtschreibung mit sich brachte und damit dem Anspruch der individuellen Förderung nicht entsprochen hat?

    Antwort der Ministerin für Schule und Weiterbildung vom 26. März 2008 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration:

    Zu den Fragen 1, 2 und 5

    Für die sog. Marburger Studie liegen seit Juni 2007 Ergebnisse vor, die den kompletten vierjährigen Durchlauf umfassen. Danach müssen die Zwischenergebnisse von 2005, auf die sich die Kleine Anfrage bezieht, vor dem Hintergrund der Endergebnisse zumindest teilweise neu bewertet werden.
    Zwar machen diejenigen Schüler, die nach dem Konzept der "Rechtschreibwerkstatt (Lesen durch Schreiben)" unterrichtet werden, in den ersten zwei Jahren deutlich mehr Fehler in den wortbezogenen Bereichen. Am Ende der Grundschulzeit haben sich jedoch die Ergebnisse erwartungsgemäß denen der Kontrollgruppen angeglichen. Die Schüler der Rechtschreibwerkstatt lagen am Ende der Klasse 4 ebenso innerhalb der theoretisch erwarteten Norm wie die beiden Kontrollgruppen.
    Die Ergebnisse der Marburger Studie, die im Übrigen keine Unterrichtsbeobachtungen einschloss, deuten darauf hin, dass die fachliche Kompetenz der Lehrkräfte und die Qualität des Unterrichts den Lernerfolg und die Wirksamkeit individueller Förderung nachhaltiger beeinflussen als die Wahl einer bestimmten Unterrichtsmethode.

    Zu den Fragen 3 und 4

    Nordrhein-Westfalen geht den Weg von einer überregulierten Schule hin zu einer eigenverantwortlichen Schule. Die am Schulleben Beteiligten handeln in der eigenverantwortlichen Schule gemeinsam, formulieren ein klares Ziel für ihre Arbeit (Schulprogramm) und ziehen aus den Ergebnissen ihrer Arbeit im Rahmen einer internen und externen Evaluation entsprechende Konsequenzen. Dies gilt auch für die schulische Arbeit im Bereich der individuellen Förderung. Die Schulaufsichtsbehörden unterstützen und beraten die Schulen bei diesem Prozess. So ist es Anliegen und Aufgabe der Qualitätsanalyse, den Schulen auch im Bereich der individuellen Förderung ihre bestehenden Schulentwicklungsprozesse, daten und leitfadengestützt zu spiegeln und dieses Wissen allen Beteiligten als Entscheidungshilfe zur Verfügung zu stellen.
    Darüber hinaus erhalten die Schulen Hilfestellungen zur Selbstvergewisserung ihrer Leistungen im Bereich der individuellen Förderung durch die Initiative „Gütesiegel Individuelle Förderung“. Im Rahmen dieser Initiative werden gelingende Beispiele einer individuellen Förderung, die auch die Wirksamkeit von Fördermaßnahmen anzeigen, systematisiert und den Schulen als Orientierung zur Verfügung gestellt.