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    17. April 2008

    Offener Brief an den Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie, Prof. Dr. Andreas Pinkwart, zu dessen "Zwischenbilanz der Einführung von Studiengebühren"

    Sehr geehrter Herr Minister Pinkwart,

    als Leserin des General-Anzeigers konnte ich am 31.3.2008 von Ihrer Zwischen-bilanz der Einführung von Studiengebühren erfahren. Dieses Resümee fällt bei Ihnen außerordentlich positiv aus. So sprechen Sie nicht nur von sozial verträgli-chen Studiengebühren und effizienteren Studienkarrieren, sondern auch von der Verbesserung der Lehre, die angeblich an nordrhein-westfälischen Universitäten Einzug gehalten hat.

    Angesichts der Entwicklung der Lehrsituation an der Universität in Bonn, kann ich eine solche Verbesserung der Lehre nach Berichten von Bonner Studierenden allerdings nicht erkennen. Im Gegenteil ist sogar festzustellen, dass an der Uni-versität mit einer Stellenstreichungsrunde zu rechnen ist. So sollen bis 2010 hundert (100) Stellen gestrichen werden, wobei es sich hier um sogenannte ?kalte? Stellenstreichungen handelt, also eine nicht erfolgende Wiederbesetzung von auslaufenden Stellen.

    Dabei entspricht eine Stelle 50.000 Euro, was den Gegenwert einer Professur bedeutet. Überproportional von diesen Stellenstreichungen betroffen ist die Phi-losophische Fakultät, an der im genannten Zeitraum 39 Stellen gestrichen wer-den sollen. Manche Fächer wie Altamerikanistik, der z .Zt. über zwei Professu-ren für über 500 Studierende verfügt, von denen eine im Wintersemester 08/09 laut Stellenplan einen ?kw?-Vermerk trägt (?kw? - künftig wegfallend), sind so-gar in ihrer Existenz bedroht.

    Die Landesregierung unterstützt hingegen die Errichtung eines ?Internationales Wissenschaftszentrums für Philosophie Nordrhein-Westfalen?. Vor dem Hinter-grund der massiven Stellenstreichungen an der Philosophischen Fakultät, muss ich Sie fragen, wie dieses Exzellenzprojekt mit der allgemeinen Stellenplanung in Einklang zu bringen ist. Angesichts des zurückliegenden Jahres der Geisteswis-senschaften, werfen diese Entwicklungen die Frage auf, welchen Stellenwert die Geisteswissenschaften tatsächlich genießen. Einzelne Projekte, wie auch der von Ihnen genannte neue Lehrsaal an der Medizinischen Fakultät können eben nicht das ersetzen, was eine Universität in Gänze leisten sollte: Ein breites und umfas-sendes Lehrangebot anzubieten.

    Ich muss feststellen, dass die Finanzierung der Universitäten nicht bedarfsde-ckend ist. Dies wurde eben nicht durch die Einführung der Studiengebühren er-reicht. Noch immer erhalten die Universitären nicht genügend Mittel vom Land. Wenn Sie vor diesem Hintergrund von der Verbesserung der Lehre an den Hoch-schulen sprechen, muss das für viele Studierende sehr befremdlich bis unrealis-tisch klingen.

    Angesichts der Lehrsituation an der Universität Bonn fordere ich daher, dass es gerade bei bedrohten Fächern wie dem oben angeführten Beispiel der Altameri-kanistik in Bonn zu keinem weiteren Stellenabbau kommen darf. Die Studieren-den haben außerdem einen Anspruch darauf, dass auslaufende Stellen wieder-besetzt werden, damit die Lehre zumindest im Status quo garantiert werden kann.

    Sie sind als Wissenschaftsminister für die Funktionsfähigkeit der Universitäten zuständig. Wenn diese wie in Bonn in manchen Fächern akut bedroht ist, müs-sen Sie eine bedarfsdeckende Finanzierung sicherstellen. Ich fordere Sie daher auf, die Landesmittel an die Universität Bonn in der Weise anzupassen, dass es nicht zu den vorgesehenen Stellenstreichungen kommt und die Lehre an der Uni-versität in ihrer Breite erhalten bleiben kann. Außerdem frage ich Sie, wie Sie sich unter den beschriebenen Realitäten den Ausbau der Philosophischen Fakul-tät zu einem Exzellenz Zentrum in Bonn vorstellen?

    Mit freundlichen Grüssen
    Renate Hendricks MdL