Suchen

 
     

    22. Juni 2009

    Jüngere Schulabgänger – wie sind die Hochschulen und Ausbildungsbetriebe darauf vorbereitet?

    LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
    14. Wahlperiode
    Drucksache 14/9455
    22.06.2009

    Antwort
    der Landesregierung
    vom 31. Juli 2009 auf die Kleine Anfrage 3439
    der Abgeordneten Renate Hendricks SPD
    Drucksache 14/9632

    Jüngere Schulabgänger – wie sind die Hochschulen und Ausbildungsbetriebe darauf vorbereitet?

    Ein immer wieder genanntes Manko am deutschen Bildungssystem ist die Unterstellung, die Absolventinnen und Absolventen sowohl der höheren Schulen als auch der Hochschulen seien im Durchschnitt deutlich älter als in vielen anderen Ländern, aus wirtschaftlicher Sicht untragbar.

    Zahlreiche Reformen wurden daher in die Wege geleitet und auch das Land NRW beteiligt sich an der vermeintlichen Effizienzsteigerung. In diesem Zusammenhang sind die Verkürzung der Gymnasialzeit, also das „Projekt“ G8, aber auch die abgestuften Hochschulabschlüsse mit dem Bachelor als erstem berufsqualifizierenden Abschluss nach drei Jahren Studium, zu nennen.

    Die KMK ist zudem übereingekommen, dass die Einschulung in den Grundschulen sukzessive vorgezogen werden soll. So hat NRW beschlossen die Einschulung bis zum Jahr 2014 um ein Jahr ebenfalls abzusenken. Damit wurden Stellschrauben sowohl beim Schuleintritt, der auf das fünfte Lebensjahr vorgezogen wird, als auch bei der Verweildauer im Schulsystem, die verkürzte wird, deutlich angezogen.

    Durchschnittlich würde so das Alter der Abiturientinnen und Abiturienten beim Abschluss auf 17 Jahre sinken, einen Hauptschulabschluss hätte man bereits mit 14 Jahren. Auf die Ausbildungsbetriebe, Berufsschulen und die Hochschulen kommen damit massive Änderungen zu. Sie haben es nicht mehr mit jungen Erwachsenen sondern, mit Spätpubertierenden zu tun.

    Im 19. Jahrhundert übernahmen die Burschenschaften an den Universitäten den erforderlichen Erziehungsauftrag für die jungen Studierenden, die sich als Füchse ihre Sporen verdienen mussten. Diese Erziehungsfunktionen werden zukünftig Ausbildungsbetriebe und Hochschulen im verstärkten Maße übernehmen müssen. Dazu sind sie aber nicht ausreichend vorbereitet.

    Nun kündigte der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle eine Änderung des Gesetzes zur vorzeitigen Einschulung an. Die Einschulung müsse "entwicklungsgerecht möglich" sein; eine "stärkere Orientierung aufs Kind" sei notwendig, wird Spaenle in einem Artikel der Main- Post zitiert. Übrigens eine Position, die in der Enquete-Kommission "Chancen für Kinder" parteiübergreifend ebenfalls vertreten wurde.

    Tatsächlich wehren sich bereits jetzt viele Eltern vehement gegen die frühe Einschulung ihrer Sprösslinge. In einigen Landkreisen in Bayern machen weit mehr als 50% der Eltern vom "Rücktrittsrecht" gebrauch und warten ein Jahr mit der Einschulung ihrer Kinder.

    Im selben Artikel der Main-Post findet sich diese Aussage von Gabriele Rube, Schulrätin beim Staatlichen Schulamt in Würzburg "Man kann Fünfjährige durchaus in die Schule schicken - aber dann mu?sste der Lehrplan auch auf Fünfjährige abgestellt sein". Die Lehrpläne in NRW sind ähnlich wie die in Bayern auf die jüngere Schu?lerschaft von Fünfjährigen Kindern nicht abgestimmt.

    Vielleicht ist das Problem mit der Beschulung von Fünfjährigen jedoch grundlegender. Denn Fünfjährige kommen oft mit dem organisierten Lernbetrieb nicht zurecht. Es scheint angebracht zu sein, weg von generellen Lösungen zu kommen und stärker individuelle Lösungen anzubieten, die sich am einzelnen Kind orientieren. Dies gilt sowohl für die Schulzeitverkürzung, als auch für die Einschulung. Individuelle Förderung sollte bedeuteten, dass nicht alle Kinder gleich lange im System verweilen und nicht alle zum selben Stichtag ins System kommen.

    Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

    1. Welche Auswirkungen auf das Bildungs- und Ausbildungssystem erwartet die Landesregierung durch die generelle Absenkung des Alters von Schulabgängern?

    2. In welcher Form werden die curricularen Vorgaben der veränderten Altersstruktur der Schüler und Schülerinnen zukünftig gerecht, wenn eine Einschulung ab dem fünften Lebensjahr verpflichtend erfolgt?

    3. In welcher Weise werden Lehrer und Lehrerinnen in allen Schulformen auf die veränderte Altersstruktur ihrer Schüler/innen vorbereitet?

    4. Bedingt durch die frühere Einschulung und die Verkürzung der Gymnasialzeit wird das Durchschnittsalter der Hochschulanfängerinnen und -anfänger im Durchschnitt auf 17 Jahre sinken. Wie bereiten sich die Hochschulen auf diese Veränderung vor?

    5. Welche Lösungen, die stärker an den individuellen Entwicklungen des Kindes festgemachte sind, könnte sich die Landesregierung vorstellen?

    Antwort der Landesregierung
    Jüngere Schulabgänger