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    17. November 2008

    Sind alle Schulen, die ein Qualitätssiegel erhalten haben, auch in der Qualitätsprüfung im Bereich der individuellen Förderung deckungsgleich?

    LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
    14. Wahlperiode
    Drucksache 14/8189
    18.12.2008

    Antwort
    der Landesregierung
    auf die Kleine Anfrage 2896 vom 4. November 2008
    der Abgeordneten Renate Hendricks SPD
    Drucksache 14/7878

    Sind alle Schulen, die ein Qualitätssiegel erhalten haben, auch in der Qualitätsprüfung im Bereich der individuellen Förderung deckungsgleich?

    Wortlaut der Kleinen Anfrage 2896 vom 4. November 2008:

    Seit 2006 gibt es in Nordrhein-Westfalen eine flächendeckende externe Evaluation von Schulen: "Qualitätsanalyse NRW" dient dem Ziel, die Qualität von Schulen zu sichern und nachhaltige Impulse für deren Weiterentwicklung zu geben. Ausgebildete Qualitätsprüferinnen und -prüfer untersuchen seit dem 01.08.2006 interne Schulprozesse und geben den Schulen eine Rückmeldung über Stärken und Verbesserungsbedarfe. Prozesse und Instrumente sind standardisiert. Die Rechtsverordnung zur Qualitätsanalyse an Schulen in NRW regelt die Einzelheiten des Ablaufs. Erwartet wird, dass die Schulen, die Schulleitungen und die Schulaufsicht die Ergebnisse der externen Evaluation gezielt in Maßnahmen der Qualitätsverbesserung einfließen lassen. Zu solchen Qualitätsverbesserungen gehören auch gezielte Maßnahmen zur individuellen Förderung.

    Neben dieser Qualitätsanalyse verleiht das Ministerium für Schule und Weiterbildung seit September 2006 auch noch ein "Gütesiegel für individuelle Förderung".

    Das Gütesiegel können Schulen in Nordrhein-Westfalen beantragen, die sich intensiv um die individuelle Förderung jedes einzelnen Schülers und jeder einzelnen Schülerin kümmern.
    Nach Auffassung des Ministeriums können Eltern daran ablesen, ob an einer Schule Förderung groß geschrieben werde. Grundlage zur Vergabe des Siegels ist ein Kriterienkatalog, der vom "Kompetenzzentrum für individuelle Förderung" der Universität Münster entwickelt wurde.

    Bisher nicht bekannt ist freilich, ob die Schulen, die das Gütesiegel für individuelle Förderung erhielten, in der Qualitätsanalyse den Anforderungen einer guten individuellen Förderung auch standhalten konnten. Oder anders formuliert, ob die Ergebnisse der Qualitätsanalyse deckungsgleich sind mit den Grundlagen für die Vergabe des Gütesiegels. Denn nur dann kann das Gütesiegel ein Kriterium für Eltern sein.

    Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

    1. In welchem Umfang wird die von der Schule praktizierte individuelle Förderung in der Qualitätsanalyse behandelt?

    2. Was passiert, wenn die Ergebnisse der Qualitätsanalyse nicht mit den Kriterien für das Gütesiegel übereinstimmen?

    3. Gab es Schulen, wo das Ergebnis der Qualitätsprüfer und -prüferinnen nicht mit der Vergabe des Gütesiegels in Übereinstimmung zu bringen war?

    4. Wie werden die Ergebnisse der Qualitätsanalyse den Mitgliedern einer Schulgemeinde (Lehrern, Schülern, Eltern, Schulträger) zugänglich gemacht?

    5. Wie wird die Weiterentwicklung der Schulen, die das Gütesiegel "Individuelle Förderung" erhalten haben, von Seiten des Ministeriums beobachtet?

    Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 2896 mit Schreiben
    vom 15. Dezember 2008 namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:

    Antwort auf die Frage:
    1. In welchem Umfang wird die von der Schule praktizierte individuelle Förderung in der Qualitätsanalyse behandelt?

    Die Qualitätsanalyse (QA) ist ein umfassendes Verfahren externer Evaluation von Schulen. Sie ist für die Schule verpflichtend und nimmt umfassend Einblick in die Arbeit der Schule. Zu den von ihr beurteilten Bereichen zählen die "Ergebnisse der Schule", der Bereich "Lehren und Lernen - Unterricht", die "Schulkultur", "Führung und Schulmanagement", "die Professionalität der Lehrkräfte" und "Ziele und Strategien der Qualitätsentwicklung". Grundlage der Rückmeldung sind Unterrichtsbeobachtungen, Dokumenteneinsicht und leitfadengestützte Gespräche mit den Beteiligten.
    Die individuelle Förderung ist ein Beurteilungsbereich neben anderen. Bezogen auf ihre Praxis wird der Schule zurückgemeldet, in wie weit individuelle Förderung im und außerhalb des Unterrichts stattfindet. Die schulische Praxis individueller Förderung wird unter drei Qualitätsaspekten in den Blick genommen:
    "Unterricht - Unterstützung eines aktiven Lernprozesses" (Qualitätsaspekt 2.4), "Unterricht - fachlich und didaktische Gestaltung" (Qualitätsaspekt 2.3) und "Individuelle Förderung und Unterstützung" (Qualitätsaspekt 2.6). Diesen Aspekten sind Qualitätskriterien zugeordnet.
    Bezüglich des Aspekts der Unterstützung aktiver Lernprozesse sind dies z. B. die "Berücksichtigung der individuellen Lernwege der einzelnen Schülerinnen und Schüler" (Qualitätskriterium 2.4.3), die "Anregung und Unterstützung selbstständigen Arbeitens" (Qualitätskriterium 2.4.4). Bezüglich des Aspekts der Unterrichtsgestaltung ist dies insbesondere das Kriterium der Inhalte und des dem Leistungsniveau der Schülerinnen und Schüler entsprechenden Anforderungsniveaus (Qualitätskriterium 2.3.2).
    In Bezug zum außerunterrichtlichen Bereich fragt die QA nach der Verfügbarkeit von Instrumenten und Kompetenzen zur individuellen Lernstandsdiagnose und Förderplanung (2.6.1.), nach schulischen Konzepten zur systematischen Förderung leistungsschwächerer Schülerinnen und Schüler (2.6.2), nach der Unterstützung einer systematischen Förderung eines individualisierenden, differenzierenden Unterrichts (2.6.3), der Förderung von Schülerinnen und Schüler mit besonderen Begabungen (2.6.4) und nach der Verwirklichung von Konzepten zur systematischen Sprachförderung (2.6.5) bzw. zur Leseförderung (2.6.6).

    Antwort auf die Frage:
    2. Was passiert, wenn die Ergebnisse der Qualitätsanalyse nicht mit den Kriterien für das Gütesiegel übereinstimmen?

    Das "Gütesiegel Individuelle Förderung" ist ein eigenständiges Verfahren und wird treffend mit dem Begriff "Akkreditierung" beschrieben. Es basiert auf der freiwilligen Bewerbung der Schule und nimmt mit der individuellen Förderung im Unterschied zur Qualitätsanalyse einen Ausschnitt schulischer Wirklichkeit in den Blick.

    Beim "Gütesiegel Individuelle Förderung" werden in einem ersten Schritt Konzeptqualitäten im Bereich der individuellen Förderung betrachtet. Hierzu gehören nicht nur die Analyse der Darstellung, sondern auch die Auswertung der schulischen Erfahrungen in der Umsetzung des schulischen Förderkonzeptes. Darstellung und Auswertung des schulischen Förderkonzeptes werden zugleich auf ihre Bedeutung für die Weiterentwicklung schulischer Praxis im Bereich individueller Förderung hinterfragt. Hierbei werden auch Daten zur Qualität der schulischen Arbeit (z.B. Lernstandsergebnisse) berücksichtigt.

    Mit der Verleihung des Gütesiegels ist ein Vertrauensvorschuss verbunden. Nach drei Jahren wird über die Vergabe des Gütesiegels neu entschieden. Im Zuge der Rezertifizierung wird das Gütesiegel nur dann erneut verliehen, wenn die Schule sich im Sinne des Vertrauensvorschusses weiter entwickelt hat.

    Das "Gütesiegel Individuelle Förderung" und die Qualitätsanalyse sind komplementär. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Reichweite der Analysen und der Anlage des Verfahrens (Audit gegenüber einer dreitägigen Analyse, Freiwilligkeit gegenüber verpflichtender Teilnahme, Betrachtung eines Ausschnitts gegenüber umfassender Analyse schulischer Wirklichkeit).

    In ihrer Funktion, Schul- und Unterrichtsentwicklung anzuregen und kritisch zu begleiten, ergänzen sich beide Verfahren. Sie haben abgestimmte kriterielle Grundlage und nehmen Bezug aufeinander.

    Die Ergebnisse der Qualitätsanalyse fließen in das Verfahren zur Verleihung des Gütesiegels ein, soweit die betroffene Schule dies ermöglicht. Die Akkreditierung bezüglich des Gütesiegels wird im Rahmen der Qualitätsanalyse durch Dokumentenanalyse vor Ort über einen entsprechenden Hinweis im Schulportfolio bzw. die in der Liste der bereitzuhaltenden Dokumente erfasst.

    Antwort auf die Frage:
    3. Gab es Schulen, wo das Ergebnis der Qualitätsprüfer und -prüferinnen nicht mit der Vergabe des Gütesiegels in Übereinstimmung zu bringen war?

    So weit Schulen sowohl durch die QA als auch durch die Jury Gütesiegel Individuelle Förderung besucht wurden, stimmen die Einschätzungen in der Regel überein.

    Antwort auf die Frage:
    4. Wie werden die Ergebnisse der Qualitätsanalyse den Mitgliedern einer Schulgemeinde (Lehrern, Schülern, Eltern, Schulträger) zugänglich gemacht?

    Rechtsgrundlage für die Qualitätsanalyse und die Beteiligung der schulischen Gremien ist die Verordnung über die Qualitätsanalyse an Schulen in Nordrhein-Westfalen (QA?VO) vom 27. April 2007. Sie wurde im Amtsblatt 06/2007 veröffentlicht (BASS 10 ? 32). In § 3 Abs. 8 ist geregelt, dass der Qualitätsbericht den entsprechenden Gremien (Schulkonferenz, Lehrerkonferenz, Schülerrat, Schulpflegschaft) zur Verfügung gestellt wird. Der schriftliche Qualitätsbericht enthält ? in einem Daten- und einem Textteil ? alle Bewertungen und Ergebnisse der Schule, die den Lehrkräften, Schülern und Eltern über die formalen Gremien zur Kenntnis gegeben werden und dort auch gemeinsam diskutiert und ausgewertet werden sollen. Der Schulträger erhält parallel zur Schule und der zuständigen Schulaufsicht ein Exemplar des Berichts.

    Antwort auf die Frage:
    5. Wie wird die Weiterentwicklung der Schulen, die das Gütesiegel "Individuelle Förderung" erhalten haben, von Seiten des Ministeriums beobachtet?

    Das Gütesiegel Individuelle Förderung wird für 3 Jahre vergeben. Schulen erhalten in dieser Zeit in den Regionen Gelegenheit zum Austausch und werden in der Kooperation und durch Fortbildungsangebote gezielt unterstützt. Als eine Maßnahme zur Begleitung der Schulen werden die Schulen auf den Seiten der Initiative "Gütesiegel Individuelle Förderung" in www.chancen-nrw.de porträtiert. Teil dieser Porträts ist auch eine mit schulischen Materialien hinterlegte Darstellung der profilbildenden Stärken und Entwicklungsvorhaben der jeweiligen Gütesiegelschule. Diese Seiten werden für alle Gütesiegelschulen erstellt und schrittweise veröffentlicht. Dieses Profil der Gütesiegelschulen ist eine wichtige Voraussetzung des regional und überregional stattfindenden Austausches der Gütesiegelschulen, zu dem auch Schulen, die neu in das Verfahren gehen bzw. die sich für das Verfahren interessieren, eingeladen werden.

    Dieser Austausch wird operativ durch die Stiftung Partner für Schule in Zusammenarbeit mit der Unfallkasse NRW unterstützt und fachlich durch die Schulaufsicht und die Jury begleitet. Darüber stehen den Gütesiegelschulen im Bereich der individuellen Förderung ortbildungsmaßnahmen der K-Teams, spezielle Fortbildungsangebote der Partner der Initiative "Gütesiegel" und Angebote von Anbietern des freien Marktes zur Verfügung.