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    07. Dezember 2009

    Drittmittel und Freiheit von Forschung und Lehre wie passt das?

    LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
    14. Wahlperiode
    Drucksache 14/10370
    07.12.2009

    Drittmittel und Freiheit von Forschung und Lehre wie passt das?

    Unser Grundgesetz verbrieft in Artikel 5 die Freiheit von "Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre". Doch wird der Grundsatz der Freiheit von Forschung und Lehre in Zeiten steigender Drittmittel noch erfüllt?

    Die deutschen Hochschulen erhalten ihre Finanzen grob gesprochen aus zwei Töpfen. Zum einen erhalten sie die staatlichen Grundmittel zum anderen werben sie von mannigfaltigen Organisationen und Institutionen Drittmittel ein.

    Festzustellen ist, dass der Anteil an Drittmitteln im Vergleich zu den Grundmitteln immer weiter gestiegen ist. Kamen im Jahr 1993 auf 100 Euro ((umgerechnet von DM ) Grundmittel noch 13,60 Euro Drittmittel, so stieg der Anteil in den folgenden 10 Jahren auf bereits 20,60 Euro Drittmittel pro 100 Euro Grundmittel. In einigen Hochschulen und Fächern hängt der Lehrbetrieb maßgeblich von Drittmitteln oder der Gewährung von sogenannten Stiftungsprofessuren ab.

    Bislang ist die DFG unumstritten die größte Drittmittel gebende Institution. Finanziert wird sie aus staatlichen Mitteln von Bund und Ländern. Doch auch hier ist ein Wandel zu verzeichnen: Die privaten Unternehmen gewinnen zusehends an Bedeutung. So hat sich der Anteil der Drittmittel aus der gewerblichen Wirtschaft in den letzten 25 Jahren mehr als verdreifacht und erreicht 2006 einen Anteil von 26,5%. Der DFG-Anteil im gleichen Jahr lag bei 30,8 %.

    Zu ihrer Förderungspraxis schreibt beispielsweise das BMBF: "Die Förderung von Wissenschaft und Forschung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung muss sich daran messen lassen, welchen - insbesondere auch langfristigen - Nutzen dieser Einsatz öffentlicher Mittel für die Gesellschaft hat und wie dieser Nutzen auf lange Sicht erhalten werden kann." Die DFG spricht offener vom direkten Wettbewerb unter den einzelnen Hochschulen.

    Dass gerade die Geisteswissenschaften in solchen vermeintlichen Nutzenerwägungen den Kürzeren ziehen, bestätigen die folgenden Zahlen: So erhalten die Geisteswissenschaften, in denen knapp 50% der 2 Millionen Studierenden eingeschrieben werden, einen Anteil von 4,8% (476 Mio. Euro) des Drittmittelaufkommens, wohingegen 26,8% (2.630,1 Mio. Euro) auf die Medizin entfällt.

    Aber nicht nur zwischen den Disziplinen sondern gerade auch zwischen den Hochschulen kann eine bestehende Schieflage festgestellt werden ((exemplarisch an der Drittmittelvergabe der DFG): Die "TOP 20" der Hochschulen, also die 20 Hochschulen, die die höchste Fördersumme einwerben, erhalten bereits 59 % der von der DFG zur Verfügung gestellten Mittel. "Die 40 bewilligungsstärksten Hochschulen schließlich 86 %". Die übrigen 316 Hochschulen erhalten somit einen Anteil aus den verbleibenden 14 % der DFG-Gelder.

    Auch auf die Vergabe der Grundmittel durch die Landesregierungen an die Hochschulen über die sogenannte leistungsorientierte Mittelvergabe (LOM) wirft dieser paradigmatische Wandel der Hochschulfinanzierung bereits seinen langen Schatten. So werden diverse Indikatoren, unter anderem eben auch die Höhe der eingeworbenen Drittmittel, als Maßstab für die Verteilung von Grundmitteln herangezogen.

    Vor dem Hintergrund der hier skizzierten Veränderungen frage ich die Landesregierung:

    1. Wie hoch ist der Anteil der Drittmittel (in absoluten Zahlen und Prozentual) im Vergleich zu den Grundmitteln an NRWs Hochschulen? (Bitte Hochschulen aufgeschlüsselt)

    2. Wie hoch ist der Anteil der DFG-Gelder am Gesamtaufkommen der Drittmittel in NRW?

    3. Wie viele Stiftungsprofessuren gibt es an welchen Hochschulen die aus Privatmittel/ Wirtschaft finanziert werden?

    4. Wie hoch ist der Anteil der Drittmittel von Privaten an welcher Hochschule in NRW? ( Bitte Hochschulen aufschlüsseln)

    5. Wie bewertet die Landesregierung die Zunahme von Drittmitteln im Hinblick auf die im Grundsatz verankerte Freiheit von Forschung und Lehre?