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    23. Oktober 2008

    Landesregierung muss Agrarpolitik an die Herausforderungen der Zukunft anpassen

    Antrag der Fraktion der SPD Landesregierung muss Agrarpolitik an die Herausforderungen der Zukunft anpassen 1. GAP-Gesundheitscheck stellt die Weichen richtig Die Europäische Kommission hat im Mai 2008 ihre Vorschläge zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vorgelegt. Damit wurde ein Konsultationsprozess abgeschlossen, der im November 2007 von der Kommission mit der Mitteilung zur Vorbereitung des `GAPGesundheitscheck` gestartet wurde und an dem sich eine Vielzahl von Akteuren wie Bauernverbände, Naturschutzorganisationen, Verbraucherverbände und Wissenschaftler beteiligt hat. Die Europäische Kommission hat nun vorgeschlagen, die im Jahr 2003 reformierte GAP weiter zu modernisieren und zu vereinfachen. In ihrem Papier schlägt die EU-Kommission verschiedenste Maßnahmen vor, um die GAP an die neuen Herausforderungen und Chancen einer inzwischen erheblich erweiterten Europäischen Union und die Anforderungen des Weltmarktes anzupassen. Die Kommission hat Änderungen in drei wesentlichen Bereichen vorgeschlagen:
    • Direktbeihilferegelung
    • Marktinstrumente
    • Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums
    Die Direktzahlungen an die Landwirte sollen demnach noch weiter von der Produktion abgekoppelt werden, so dass die Landwirte in vollem Umfang auf Marktsignale reagieren können. Weiterhin sollen die Flächenstilllegung abgeschafft und die Milchquoten bis zu ihrem endgültigen Wegfall 2015 angehoben werden. Die EU Kommission will zugleich das Instrument der Marktintervention abbauen. Die Kommission schlägt außerdem vor, die Modulation zu erhöhen, d.h., die direkten Zahlungen an die Landwirte zu kürzen und die dadurch frei werdenden Mittel in den Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums einzustellen. Aus dem Fonds können dann Maßnahmen finanziert werden, mit denen sich die EU-Landwirtschaft besser für neue Herausforderungen und Chancen in den Bereichen Klimawandel, Wasserbewirtschaftung und Erhaltung der biologischen Vielfalt rüsten kann. Mit diesen Vorschlägen stellt die Kommission die Weichen in die richtige Richtung. Dies heißt: Es wird in der EU in Zukunft mehr Geld für die Entwicklung der ländlichen Räume, für die Bewältigung des Klimawandels und den Schutz der Artenvielfalt ausgegeben. Die Verschiebung der Finanzmittel von der 1. Säule in die 2. Säule der EU-Agrarförderung ist eine grundlegende Bedingung für eine zielorientierte Politik des ländlichen Raums und für eine nachhaltige Landwirtschaft. Die EU-Agrarpolitik hat sich in den letzten Jahren neu ausgerichtet und den Umweltschutz und die Entwicklung des ländlichen Raums gestärkt. Die Vorschläge der Kommission setzen diese Entwicklung fort. Dies ist dringend erforderlich, da für die nächste EU-Finanzierungsperiode ab 2013 schon jetzt klare Perspektiven entwickelt werden müssen. 2. Landesregierung betreibt Sektorpolitik und verweigert Diskussion Die Diskussion um den GAP-Gesundheitscheck ist der erste Schritt auf dem Weg zu einer größeren und drastischeren Reform der GAP. Die bisherigen Aussagen der EU-Kommission sind deutlich. Gemäß verschiedenster Statements der EU Kommissarin Fischer Boel wird der Reformprozess ab 2013 weiter und tiefgreifender fortgesetzt. Dabei stehen vor allem die Direktzahlungen im Focus der Auseinandersetzung. Aller Voraussicht nach wird es 2013 zu einer umfassenden Umverteilung und Senkung der Direktzahlungen zwischen den Erzeugern in der EU kommen. Dabei werden die Direktzahlungen verstärkt mit Umweltauflagen verbunden sein und ein beträchtlicher Teil des EU-Agrarhaushalts wird für Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums genutzt. Ein Rückgang der Direktzahlungen hätte für NRW spürbare Auswirkungen. Sollte es zu den vieldiskutierten kräftigen Kürzungen der Direktzahlungen kommen, würden merklich weniger Mittel nach Nordrhein-Westfalen fließen. Diese Mittel müssen aber letztlich dem Land erhalten bleiben. Dies kann aber nur gelingen, wenn die Landespolitik sich der Reformdiskussion aktiv stellt und schon heute Ideen entwickelt, wie und für welche Ziele diese Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums genutzt werden können. Die Landesregierung lässt aber bislang jegliche Weitsicht vermissen. Eine inhaltliche und strategische Positionierung fehlt vollkommen. Die Landesregierung hält hartnäckig und hilflos am Status Quo der Agrarpolitik fest und blendet die anstehenden Probleme aus. Sie verweigert eine Positionierung über die Zukunft der GAP und glaubt diese wichtige gesellschaftliche Frage aus dem politischen Raum fernhalten zu können. Dies macht sich insbesondere an der von Landwirtschaftsminister Uhlenberg initiierte „Zukunftskommission Landwirtschaft 2020“ deutlich, deren Zusammensetzung gerade nicht die Entwicklung von Zukunftsperspektiven erwarten lässt. Die für den Sommer angekündigten ersten Ergebnisse liegen immer noch nicht vor. Die abzusehenden Entscheidungen zum GAP-Gesundheitscheck verlangen indessen schon heute eine breite sektorübergreifende Konzeption, wie diese in Landesprogramme umzusetzen sind und wie diese finanziert werden können. 3. Von der Agrarpolitik zur integrierten Politik der ländlichen Entwicklung CDU und FDP haben in ihrer Koalitionsvereinbarung zwar den Anspruch erhoben, dass sie den ländlichen Raum als eigenständigen Lebens- und Entwicklungsraum begreifen und Benachteiligungen bei Förder- und Entwicklungsmaßnahmen entgegentreten werden. Die dort im Einzelnen genannten Maßnahmen beziehen sich allerdings fast ausschließlich auf die Land- und Forstwirtschaft. Die Landesregierung ignoriert damit den größten Teil der ländlichen Bevölkerung, die mit der Land- und Forstwirtschaft ökonomisch nicht verbunden sind. Sie verfolgt dadurch eine Politik, die von der OECD in ihrem "Prüfbericht zur Politik für ländliche Räume" als verfehlt und veraltet bezeichnet wird. Die OECD schlägt dagegen eine Umorientierung weg von der bisherigen sektorbezogenen Agrarpolitik hin zu einem integrierten Politikkonzept für die ländliche Entwicklung vor. Um die Zukunft des ländlichen Raumes in Nordrhein-Westfalen zu sichern, ist ein integratives Gesamtkonzept für den ländlichen Raum und eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Politik der ländlichen Entwicklung unverzichtbar. Die zukünftige EU-Agrarpolitik wird eine verstärkte Marktorientierung und weniger produktbezogene Förderungsmaßnahmen zum Inhalt haben. Die zukünftige Agrarpolitik kann daher nur dann erfolgreich sein, wenn sie die Vielfalt von Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher berücksichtigt und sich an den Märk ten der Zukunft orientiert. Zugleich kommt der Landwirtschaft in unserem Land bei der Erhaltung der biologischen Vielfalt, der natürlichen Lebensräume und der heimischen Tier- und Pflanzenarten eine besondere Verantwortung zu. Auch dazu bedarf es der Stärkung der so genannten „zweiten Säule“ des EU-Agrarfonds. 4. Beschluss Der Landtag fordert die Landesregierung auf, 1. den Landtag unverzüglich über die Ziele, Aktivitäten und ersten Ergebnisse der „Zukunftskommission Landwirtschaft 2020“ zu unterrichten; 2. dem Landtag bis Jahresende 2008 einen Bericht vorzulegen, der die Auswirkungen der Kommissionsvorschläge zum GAP-Gesundheitscheck auf NRW prüft und bewertet. Hannelore Kraft Carina Gödecke Norbert Römer Svenja Schulze Annette Watermann-Krass Wolfram Kuschke und Fraktion