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    09. September 2008

    Stillstand in der Innenpolitik beenden - Polizei und Verfassungsschutz brauchen endlich verfassungskonforme Gesetze!

    Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Stillstand in der Innenpolitik beenden - Polizei und Verfassungsschutz brauchen endlich verfassungskonforme Gesetze! I. Die SPD-Landtagsfraktion und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben am 8. Januar 2008 beim Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen ein Normenkontrollverfahren gegen Vorschriften des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen und des Polizeigesetzes Nordrhein-Westfalen eingeleitet. Am 27. Februar 2008 hat das Bundesverfassungsgericht über Verfassungsbeschwerden u.a. von FDP-Ex-Innenminister Gerhard Rudolf Baum gegen die Änderung des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen ("Online-Durchsuchung") entschieden. Die schwarzgelbe Landesregierung und die Landtagsmehrheit erlitten eine schwere Niederlage. In seiner Entscheidung hat das höchste deutsche Gericht die Vorschriften über die sog. Online-Durchsuchung für verfassungswidrig und nichtig erklärt, aber auch andere Bestimmungen verworfen. In einer Presseerklärung vom gleichen Tag kündigte das Innenministerium eine sorgfältige Prüfung der Urteilsgründe im Hinblick auf das Verfassungsschutzgesetz an. In der Debatte des Landtags am 13. März 2008 zu den Folgerungen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wiederholte der Innenminister seine Ankündigung, dass man das Urteil sorgfältig prüfen und die betroffenen Gesetze entsprechend anpassen werde. Bis heute sind weder für das Verfassungsschutzgesetz noch für das Polizeigesetz von der schwarz-gelben Landesregierung Änderungsvorschläge vorgelegt worden. Auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Karsten Rudolph 2489 "Online-Durchsuchung: quo vadis Nordrhein-Westfalen?" antwortete die Landesregierung am 16. Juni 2008 (Drs. 14/7027) u.a. auf die Frage, wann mit der Vorlage eines Gesetzentwurfs zu rechnen sei: "Die aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorzunehmenden Anpassungen werden nach sorgfältiger Abwägung des dem Gesetzgeber zustehenden Entscheidungsspielraums zeitnah erfolgen." Wer daraufhin erwartete, die Landesregierung werde nun ihrer selbstauferlegten Verpflichtung gerecht, zeitnah einen Gesetzentwurf vorzulegen, wurde - allerdings diesmal in frappierender Geschwindigkeit - enttäuscht. Im Schriftsatz des Innenministeriums vom 29. Juni 2008 (Vorlage 14/1927) an den Verfassungsgerichtshof werden eine Reihe von Normen genannt, die die Landesregierung nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Februar 2008 ("Online-Urteil") gegebenenfalls als änderungsbedürftig ansieht. Dieses Schreiben lässt überhaupt nicht klar erkennbar, ob und welche Vorschriften eine Überarbeitung erfahren sollen. Wieder findet sich über zeitliche Vorstellungen kein Wort - es sei denn, man will die höchst interpretationsfähige Ankündigung "zeitnah" als konkrete Angabe eines Termins verstehen. Darüber hinaus sieht das Innenministerium laut dieses Schreibens keinen Änderungsbedarf bei den weiteren Vorschriften, die Gegenstand des Normenkontrollverfahrens sind. Zu vermissen ist jegliches Bewusstsein für die unabweisbare Notwendigkeit, den Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung vor heimlichen Maßnahmen der Polizei endlich gesetzlich umfassend zu gewährleisten. Damit offenbart der Innenminister, dass er die Dimension der verfassungsrechtlichen Problematik nicht erkennt oder sogar ignoriert. Das Schreiben belegt die seit über einem halben Jahr herrschende Schockstarre des Innenministers: Er hat aus seiner Sicht Vorschriften genannt, die möglicherweise änderungsbedürftig sind. Seine politische Lähmung lässt es jedoch nicht zu, daraus Konsequenzen für eine klare und verfassungsgemäße Gesetzesinitiative zu ziehen. II. Der Landtag stellt fest:
    • 1. Die Landesregierung ist weder willens noch fähig, Gesetzentwürfe einzubringen, die die - wegen der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung - verfassungskonformen Vorschriften enthalten.
    • 2. Der Verfassungsschutz und die Polizei sind gezwungen, mit Vorschriften zu arbeiten, deren Verfassungswidrigkeit von der Landesregierung erkannt ist. Dies schafft für die Behörden Unsicherheit.
    • 3. Zum Wesen des demokratischen Rechtsstaates gehört es, die Bürgerinnen und Bürger über die Einschränkung von Freiheitsrechten zur Bekämpfung schwerer Straftaten nicht im Unklaren zu lassen. Indem die Landesregierung dies tut, erschüttert sie das Vertrauen in den Rechtsstaat.
    III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, unverzüglich verfassungsgemäße Gesetzentwürfe zum Polizeigesetz NRW und zum Verfassungsschutzgesetz NRW vorzulegen. Fraktion der SPD Hannelore Kraft Carina Gödecke Ralf Jäger Karsten Rudolph und Fraktion Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sylvia Löhrmann Johannes Remmel Monika Düker und Fraktion