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16. November 2007

Wegfall der Regelschulbezirke – Schulprofil katholisch

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
14. Wahlperiode
Drucksache 14/5821
14.12.2007

Antwort
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage 2110
der Abgeordneten Renate Hendricks SPD
Drucksache 14/5539

Wegfall der Regelschulbezirke – Schulprofil katholisch

Wortlaut der Kleinen Anfrage 2110 vom 14. November 2007:

Das katholische Grundschulen vornehmlich katholische Kinder aufnehmen ist nicht neu. Dieses Aufnahmeverhalten gewinnt nach dem Wegfall der Regelschulbezirke in NRW eine neue Dimension. "Wo katholisch drauf steht, soll auch katholisch drin sein."

Etliche katholische Grundschulen nehmen zurzeit zunächst nur katholische Kinder auf. Damit haben muslimische Kinder, evangelische Kinder und konfessionslose Kinder keine Chance mehr, im ersten Durchgang der Anmeldungen einen Platz an einer katholischen Grundschule zu erhalten. Stattdessen werden Wartelisten geführt und nur dann, wenn nicht genügend katholische Kinder angemeldet wurden, können Eltern mit anderen Konfessionen einen Platz für ihr Kind erhalten.

Einige Eltern, die an einer katholischen Grundschule keinen Platz für ihr Kind erhalten haben, erwägen bereits, zum Katholizismus überzutreten oder ihre Kinder, schnell taufen zu lassen. Denn nur so können sie den Auswahlkriterien der katholischen Grundschulen entsprechen.

Ab dem 1. August 2008 fallen für alle Grundschulen in NRW die Schulbezirksgrenzen weg. Ab dem Anmeldetermin zum kommenden Schuljahr können die Eltern deshalb frei wählen, an welcher Schule sie ihre Kinder anmelden wollen. Diese Wahlfreiheit führt in diesen Tage zu den oben beschriebenen Verwerfungen an katholischen Grundschulen im Land. So berücksichtigen katholische Schulen nicht katholische Kinder bei der Anmeldung nur noch, wenn Plätze frei sind.

Besonderen Wert auf die Aufhebung der Schulbezirksgrenzen hat die FDP gelegt. Sie argumentiert, dass Kinder aus sozialen Brennpunkten oder problematischen Wohngebieten zukünftig in den Villenvierteln in die Schule gehen können.

Grundsätzlich haben alle Eltern einen Anspruch auf einen Platz in der wohnortnahen Schule. Für die konfessionellen Schulen entfällt dieses Gebot. Hier müssen Kinder eventuell weitere Wege in Kauf nehmen, wenn der Grundsatz gilt, dass zunächst katholische Kinder aufzunehmen sind.

Dies geschieht derzeit in Nordrhein-Westfalen, wie unter anderem die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 12. November 2007 aus Essen berichtet. Der städtische Beigeordnete in Essen hat laut Berichterstattung den Wahlspruch formuliert: "Wo katholisch drauf steht, soll auch katholisch drin sein".

So können Eltern das besondere Schulprofil „katholisch“ für ihre Kinder wählen. Mit der Aufhebung der Schulbezirke wird eine weiterführende Segregation in unserem Schulwesen befürchtet. Dass nun ausgerechnet die katholischen Grundschulen im Zentrum dieser sozialen Selektion stehen, entspricht mit Sicherheit nicht der katholischen Soziallehre. Entsprechend hat auch das Bistum Essen reagiert und dieses Verhalten als überzogen bezeichnet. Ähnliche Verwerfungen lassen sich derzeit auch in Bonn feststellen.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass mit dem Wegfall der Regelschulbezirke "katholische Schulen" eine ausreichende Durchmischung der Schülerschaft sicherstellen?

2. Wie definiert sich zukünftig das "Schulprofil einer Grundschule?

3. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass nach dem Wegfall der Regelschulbezirke keine „Ghettoschulen“ in NRW entstehen?

4. Ist es richtig, dass die Landesregierung den Paragraphen 26 des Schulgesetzes "Einstellung von Lehrer und Lehrerinnen" an katholischen Schulen" seit dem 1. August 2005 neu interpretiert?

5. Wie berät die Schulaufsicht die Schulen im Hinblick auf Anmeldungen von nichtkatholischen Kindern an katholischen Schulen?

Antwort der Ministerin für Schule und Weiterbildung vom 12. Dezember 2007 namens der Landesregierung:

Zur Frage 1

Der Wegfall der Schulbezirke ändert nichts daran, welche Schülerinnen und Schüler Bekenntnisgrundschulen besuchen. Dort wird weiterhin aufgenommen, wer dem entsprechenden Bekenntnis angehört oder dem Bekenntnis zwar nicht angehört, aber nach dem Wunsch der Eltern nach den Grundsätzen dieses Bekenntnisses unterrichtet und erzogen werden soll.
Für die Schulentwicklungsplanung der Kommunen bedeutet dies, dass den Bekenntnisschulen keine bestimmte Quote von Schülerinnen und Schülern verbindlich vorgegeben werden kann, die dem entsprechenden Bekenntnis angehören, sondern dass auch die Kinder bei der Planung berücksichtigt werden müssen, deren Eltern eine solche Unterrichtung und Erziehung ausdrücklich wünschen.

Zur Frage 2

Das „Profil einer Bekenntnisschule“ ist in Artikel 12 Abs. 6 Satz 2 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen und § 26 Abs. 3 Satz 1 Schulgesetz NRW geregelt. Dort heißt es, dass Schülerinnen und Schüler nach den Grundsätzen des betreffenden Bekenntnisses unterrichtet und erzogen werden.

Zur Frage 3

Auch die bisherigen Schulbezirke haben nicht verhindern können, dass es Grundschulen in sozialen Brennpunkten gibt, die ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag unter schwierigen Voraussetzungen erfüllen müssen.
Für solche Schulen stehen im Landeshaushalt zusätzliche Lehrerstellen zur Verfügung, namentlich Stellen für Integrationshilfe und weitere Stellen, die nach einem Sozialindex (Arbeitslosenquote, Sozialhilfequote, Migrantenquote und Anteil der Wohnungen in Einfamilienhäusern) zugewiesen werden. Im Übrigen hat die Landesregierung im Rahmen der parlamentarischen Beratung zum Schulgesetz mehrfach dargetan, weshalb die in der Frage zum Ausdruck kommende Befürchtung nicht eintreten wird.

Zur Frage 4

Nein.

Zur Frage 5

Die Beratung der Schulaufsicht folgt den in der Antwort zur Frage 1 genannten Grundsätzen.