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    08. August 2007

    Landesregierung schafft Kompetenzchecks an Haupt-, Real- und Gesamtschulen

    LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
    14. Wahlperiode
    Drucksache 14/5081
    19.09.2007

    Antwort
    der Landesregierung
    auf die Kleine Anfrage 1797
    der Abgeordneten Renate Hendricks SPD
    Drucksache 14/4810

    Landesregierung schafft Kompetenzchecks an Haupt-, Real- und Gesamtschulen

    Wortlaut der Kleinen Anfrage 1797 vom 7. August 2007:

    Noch schreibt das Schulministerium auf seiner aktuellen Homepage: „Der Kompetenzcheck Ausbildung NRW ist ein zusätzliches Element der gezielten Berufswahlorientierung, das in den Schulalltag integriert werden kann. Der mit professioneller Unterstützung weiterentwickelte Kompetenzcheck Ausbildung NRW richtet sich aufgrund des Berufswahlorientierenden Charakters ausschließlich an alle Schülerinnen und Schüler der Klasse 9 von Haupt-, Real-, Gesamt-, Ersatz- und Förderschulen sowie an Schülerinnen und Schüler von Gymnasien, die eine Berufsausbildung im dualen System anstreben. Der zweitägige Kompetenzcheck wird bei erfahrenen Bildungsträgern durchgeführt und bot einen professionellen Rahmen, um den Jugendlichen außerhalb von Schule ihre Kompetenzen und Stärken zu spiegeln.“

    Mit dem Kompetenzcheck erhielten die Jugendlichen die Möglichkeit ihre eigenen Stärken zu spiegeln, Berufsfelder zu erkennen und Perspektiven für die Berufsausbildung zu entwickeln.

    Trotzt eines durchgängig sehr positiven Echos bei allen Beteiligten (Schülern und Schülerinnen, Schulen, Eltern, IHK, Handwerkskammern und Politik usw.) wurde der Kompetenzcheck jetzt von der Landesregierung ersatzlos gestrichen.

    Und dass, obwohl die Wirtschaft boomt und gleichzeitig die Lage der Jugendlichen auf dem Ausbildungsmarkt weiterhin schwierig ist. Der Kompetenzcheck sollte den Jugendlichen Hilfe und Orientierung bieten und ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz verbessern. Von 118.700 Jugendlichen fanden im letzten Jahr nur rund 54.000 eine passende Lehrstelle. Der Kompetenzcheck war und wäre auch weiterhin eine sinnvolle Maßnahme, um die Chancen junger Schulabgänger auf dem Ausbildungsmarkt zu verbessern und ihre Integration zu befördern.

    Der zweitägige Kompetenzcheck war zugleich ein außerschulisches Bewerbungstraining mit Gruppenarbeit, Intelligenz- und Konzentrationstests, Erfahrungen in Selbstpräsentation verbunden mit Infos zur Bewerbung und zum Lebenslauf. Abschließend fand ein persönliches Auswertungsgespräch fand. Viele Haupt- Real- und Gesamtschulen in NRW haben dieses Verfahren ihren Schüler und Schülerinnen in den letzten drei Jahren angeboten. Noch im Mai 2006 hieß es in der Antwort der Landesregierung (Drucksache 14/ 1946) auf meine Kleine Anfrage „Kompetenzchecks für Schüler und Schülerinnen an den Schulen der Sekundarstufe I in NRW“ (Drucksache 14/ 1610):

    „Der Kompetenzcheck Ausbildung NRW soll Schülerinnen und Schüler außerhalb von Schule ihre Kompetenzen und Stärken spiegeln und ihnen ermöglichen Berufsfelder kennen zu lernen. Die Durchführung des Kompetenzchecks wird von den Bildungsträgern verantwortet.
    Die Umsetzungsphasen des Kompetenzcheck Ausbildung NRW wurden durch die Landesregierung fachlich begleitet. Durch Befragung und in mehreren Workshops wurden die Durchführungsphasen ausgewertet. Diese Auswertungen führten dazu, dass für die Durchführung ab Frühjahr 2006 ein Handbuch zur Umsetzung des Kompetenzchecks Ausbildung NRW entwickelt wurde. Darin werden Mindeststandards definiert, die für die Durchführung im Frühjahr 2006 den Charakter einer Empfehlung haben. Auch der Berufswahltest des geva-Instituts wird im Handbuch explizit als ein geeignetes Verfahren insbesondere zur Ermittlung der berufsfeldbezogenen Kompetenzen benannt. Wenn sich die Qualitätsstandards des Handbuchs etabliert haben, soll eine Evaluierung erfolgen.“

    Bildungsträger haben in den letzten Jahren Entwicklungsarbeit in die Kompetenzchecks gesteckt und Mitarbeiter eingestellt und ausgebildet. Mit Unverständnis wird auch bei den Bildungsträgern auf die Entscheidung der Landesregierung reagiert. Inkonsistentes Handeln wird ihr zu Recht vorgehalten.

    Derzeit versuchen einige Bildungsträger gemeinsam mit den Schulen, eine abgespeckte Version des Kompetenzchecks anzubieten. Die Kosten müssen die Schüler und Schülerinnen oder die Schulen übernehmen. Einige Schulen sind derzeit dabei, ihre Lehrer und Lehrerinnen weiterzubilden, damit diese die Kompetenzchecks abnehmen können. Eine durchaus fraglicher Ansatz, da die erforderliche Objektivität gegenüber Schüler und Schülerinnen hier durchaus fehlen könnte.

    Ich frage die Landesregierung daher:

    1. Womit begründet die Landesregierung die Abschaffung des Kompetenzchecks nachdem im Land in die Entwicklung des Kompetenzchecks und der entsprechenden Materialien/Handbuch Steuergelder und EFS Mittel geflossen sind?

    2. Welche Ergebnisse haben die Evaluierung des Programms gebracht, die von der Landesregierung angekündigt war?

    3. Es ist richtig, dass im Sinne der Philosophie dieser Landesregierung: „Privat vor Staat“, die Kostenübernahme für die Kompetenzchecks auf private Sponsoren oder/und auf die Schüler und Schülerinnen übertragen werden?

    4. Wie bewertet bzw. untermauert die Landesregierung ihr Verhalten gegenüber den Bildungsträgern und den Schulen, die gemeinsam im Hinblick auf die verbesserte berufliche Integration von jungen Menschen in den letzten Jahren für die Entwicklung der Kompetenzchecks viel Energie, Know-how und Wissen investiert haben und in erhebliche Vorleistungen getreten sind?

    5. Welche Schüler und Schülerinnen werden zukünftig in NRW noch die Möglichkeit erhalten an einem Kompetenzcheck oder einem vergleichbaren Verfahren teilzunehmen?

    Antwort des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 17. September 2007 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Weiterbildung und dem Finanzminister:

    Zur Frage 1

    Der Kompetenzcheck Ausbildung NRW war von Beginn an als eine projektbezogene und damit zeitlich begrenzte Förderung angelegt. Wie bei Projekten üblich, sollte das im Rahmen der Förderung bearbeitete Thema „Berufsorientierung“ schließlich in die Regelstrukturen überführt werden.
    Der Zeitpunkt der Einstellung der Projektförderung und der Übertragung des Themas an das MSW wurde beeinflusst durch die schwierige Situation am Ausbildungsmarkt im Jahr 2006, die zu einer Verschiebung der politischen Prioritäten zu Gunsten der Förderung der Ausbildung führten. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales finanziert derzeit rund 2.900 überbetriebliche Ausbildungsplätze, die ein Volumen von über 80 Millionen Euro aus Mitteln des Landes (45 %) und des Sozialfonds der Europäischen Union (55 %) erfordern.
    Diese Maßnahme ist im Spitzengespräch des Ausbildungskonsens am 16.10.2006 einvernehmlich beschlossen worden. Darüber hinaus haben sich die Rahmenbedingungen der neuen ESF-Förderphase geändert. In der neuen ESF-Förderphase stehen NRW ca. 50 % weniger Fördermittel zur Verfügung.
    Die Kosten der Erstellung des Handbuchs Kompetenzcheck Ausbildung NRW in Höhe von ca. 20.000 € können vor dem Hintergrund des Volumens des Förderprogramms Kompetenzcheck Ausbildung NRW als niedrig bewertet werden. Als Voraussetzung für definierte Qualitätsstandards wird die Erstellung des Handbuchs durch ca. 158.000 in 2006 durchgeführte Kompetenzchecks legitimiert.

    Zur Frage 2

    Eine Evaluation des Programms war für das Jahr 2007 geplant, ist aber aus den genannten Gründen nicht mehr erfolgt.

    Zur Frage 3

    Nein.

    Zur Frage 4

    Die begrenzte Projektlaufzeit war allen Beteiligten bekannt. Die Träger sind für ihren Aufwand entschädigt worden.

    Zur Frage 5

    Der Kompetenzcheck ist nur eine der Möglichkeiten schulischer Berufsorientierung, die insgesamt künftig noch intensiviert wird.
    Das Ministerium für Schule und Weiterbildung und die Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit prüfen derzeit, ob und inwieweit es gelingen kann, eine stärkenorientierte Kompetenzfeststellung unter veränderten finanziellen Rahmenbedingungen durchzuführen und andere Partner einzubeziehen.