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    21. August 2007

    Freie Fahrt ins Grüne – Kostenerstattung für Lehrerinnen und Lehrer bei Klassenfahrten

    LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
    14. Wahlperiode
    Drucksache 14/5127
    25.09.2007

    Antwort
    der Landesregierung
    auf die Kleine Anfrage 1824
    der Abgeordneten Renate Hendricks SPD
    Drucksache 14/4903

    Freie Fahrt ins Grüne – Kostenerstattung für Lehrerinnen und Lehrer bei Klassenfahrten

    Wortlaut der Kleinen Anfrage 1824 vom 15. August 2007:

    Ende Juli 2007 entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, dass der Freistaat Lehrerinnen und Lehrern, die an einer Klassenfahrt teilnehmen, die vollen Reisekosten erstatten muss. Das Gericht stellte fest, dass der freiwillige Verzicht der Lehrer auf Spesen rechtswidrig sei und der Staat Bayern dadurch gegen seine Fürsorgepflicht verstoße.

    Nach §42 Abs. 1 Satz 1 des Bundesangestelltentarifvertrags sind einem Angestellten im öffentlichen Dienst diejenigen Auslagen zu erstatten, die ihm bei der Durchführung einer genehmigten Dienstreise entstehen. Dazu zählen auch die Aufwendungen eines Lehrers für die Teilnahme an einer mehrtägigen Klassenfahrt.

    Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts bestätigte im September 2003 diesen Rechtsanspruch. Dort heißt es, dass bei der Beantragung auf diesen tariflichen Anspruch nicht wirksam verzichtet werden kann. Die Tarifnormen gestatten keine abweichenden Vereinbarungen und verweisen nicht auf einen allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsatz, wonach Beamten ein Verzicht auf die Reisekostenvergütung möglich ist.

    Auf der Homepage des MSW in NRW steht zu diesem Thema, dass die Verzichtserklärungen von Lehrerinnen und Lehrern, die die Reisekosten betreffen, nicht rechtsgültig sind, und dass Schul- und Lehrerkonferenzen nicht beschließen können, dass ohne vollständige Reisekosterstattung für alle Lehrkräfte, eine Klassenfahrt durchgeführt werden muss. Das Ministerium führt dazu aus, dass selbstverständlich keine Lehrkraft dazu verpflichtet ist, unter Verzicht auf die Erstattung von Reisekosten an Klassenfahrten und Wanderungen teilzunehmen.

    Praxis in den Schulen ist jedoch, dass die meisten Klassenfahrten in NRW nicht stattfinden würden, wenn Lehrer und Lehrerinnen nicht auf die vollständige Erstattung ihrer Reisekosten verzichten würden. Damit wird täglich in NRW zugunsten von Schülern und Schülerinnen auf die Erstattung von Reisekosten verzichtet.

    Die vom Land NRW im Haushalt ausgewiesenen Reisekosten decken nämlich nur einen Bruchteil der tatsächlichen Reisekosten ab, die in jedem Jahr in den Schulen des Landes anfallen.

    Vor diesen Hintergründen frage ich die Landesregierung:

    1. Wie kommt die Landesregierung der Fürsorgepflicht gegenüber Lehrerinnen und Lehrern im Hinblick auf die Reisekostenregelung bzw. Reisekostenerstattung nach?

    2. Für wie viele mehrtägige Klassenfahrten pro Jahr kann die Landesregierung eine volle Kostenerstattung garantieren?

    3. Beabsichtigt die Landesregierung nach dem Gerichtsurteil aus Bayern, die Reisekostenregelungen für Lehrer und Lehrerinnen in NRW zu ändern?

    4. Welchen pädagogischen Wert misst die Landesregierung mehrtägigen Klassenfahrten bei?

    5. Wie wird die Landesregierung in Zukunft sicherstellen, dass Klassenfahrten in NRW weiterhin stattfinden, ohne auf den freiwilligen Verzicht der Lehrer und Lehrerinnen zu hoffen?

    Antwort der Ministerin für Schule und Weiterbildung vom 21. September 2007 namens der Landesregierung:

    Mit Änderung des Landesreisekostengesetzes durch Gesetz vom 16.11.2004 ist - als Konsequenz auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur Wirksamkeit von Verzichtserklärungen im Angestellten- bzw. Tarifbereich - im Beamtenrecht ausdrücklich die Möglichkeit geschaffen worden, im Vorfeld einer Dienstreise rechtswirksam auf Reisekosten verzichten zu können.

    Da sowohl der damals geltende Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) als auch der seit dem 01.11.2006 in Nordrhein-Westfalen geltende Tarifvertrag öffentlicher Dienst – Länderbereich (TV-L) für die Erstattung der Reisekosten eine entsprechende Anwendung der für die Beamtinnen und Beamten geltenden Bestimmungen vorsieht, können sowohl beamtete als auch nicht beamtete Lehrkräfte rechtswirksam Verzichtserklärungen abgeben.

    Über diese Rechtslage informiert die Homepage des Ministeriums für Schule und Weiterbildung - entgegen der Behauptung in der Einleitung der Kleinen Anfrage - zutreffend.

    Dieses vorausgeschickt, sind die Fragen wie folgt zu beantworten:

    Zu den Fragen 1 und 5

    Fragen ähnlichen Inhalts zur Reisekostenerstattung für Lehrerinnen und Lehrer bei Klassenfahrten sind bereits in der Antwort der Landesregierung vom 12.04.2007 auf die Kleine Anfrage 1486 des Abgeordneten Thomas Trampe-Brinkmann, SPD (LT.-Drs. 14/4162) beantwortet worden. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf diese Antwort verwiesen.

    Trotz des Konsolidierungszwangs des Landeshaushaltes sind die Mittel für Reisekostenvergütungen für Schulwanderungen und Schulfahrten, die grundsätzlich als disponibel anzusehen sind, nicht gekürzt worden.

    Es besteht keine Verpflichtung der Lehrerinnen und Lehrer, Schulfahrten unter Verzicht auf Reisekostenvergütung durchzuführen.

    Zur Frage 2

    Die Kosten einer mehrtägigen Klassenfahrt sind abhängig von dem Ziel, der Dauer und dem Programm der Klassenfahrt. Die Kostenobergrenze für Schulwanderungen und Schulfahrten wird durch die jeweilige Schulkonferenz festgelegt. Zahlen über durchschnittliche Kosten für mehrtägige Klassenfahrten liegen der Landesregierung nicht vor, so dass eine weitergehende Beantwortung der Frage nicht möglich ist.

    Zur Frage 3

    Zu der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, die im Übrigen nur den Freistaat Bayern bindet, liegt noch keine Begründung vor. Ob die Entscheidung zu Änderungen von nordrhein-westfälischen Regelungen führen könnte, kann erst nach Auswertung der Entscheidungsbegründung beurteilt werden.

    Zur Frage 4

    Die Landesregierung misst Schulwanderungen und Schulfahrten einen hohen pädagogischen Stellenwert bei, da sie durch das ganztägige Beisammensein von Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften in besonderer Weise Möglichkeiten bieten, Bildung und Erziehung miteinander zu verbinden.

    Zur weitern Information:
    Die Kleine Anfrage von Thomas Trampe-Brinkmann, auf die in der Antwort auf diese Kleine Anfrage verwiesen wurde.
    Zur Kleinen Anfrage