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    18. September 2007

    Aushilfslehrkräfte – Ausgebildete Aushilfskräfte oder nur billige Lückenfüller?

    LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
    14. Wahlperiode
    Drucksache 14/5165
    08.10.2007

    Antwort
    der Landesregierung
    auf die Kleine Anfrage 1863
    der Abgeordneten Renate Hendricks SPD
    Drucksache 14/4967

    Aushilfslehrkräfte – Ausgebildete Aushilfskräfte oder nur billige Lückenfüller?

    Wortlaut der Kleinen Anfrage 1863 vom 3. September 2007:

    Aushilfskräfte im Lehrberuf sollen im Schulalltag Personallücken schließen, die z. B. durch Mutterschutz, langfristige Erkrankungen entstehen. Derzeit sind 332 Stellen frei, die an der Jobbörse VERENA vom Schulministerium vergeben werden können.

    Auf der Homepage der Jobbörse heißt es:
    „Die Annahme einer Vertretungsstelle schließt Sie nicht von der Vergabe eines Dauerbeschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Schuldienst NRW aus!“

    Zugelassen für die Erteilung von Vertretungsunterricht sind neben Personen mit Lehramtsbefähigung und zukünftige Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern, sowie Studienreferendarinnen und -referendare auch Hochschulabsolventinnen und -absolventen, Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung ohne Lehramtsbefähigung und nebenberuflich tätige Personen ohne Lehramtsbefähigung, die für den Schuldienst geeignet sind.
    Weiter steht dazu:
    „Sie sind grundsätzlich geeignet, wenn Sie über eine entsprechende Qualifikation für das ausgeschriebene Fach/die ausgeschriebenen Fächer verfügen. Darüber entscheiden die Schulleitungen und Schulaufsichtsbehörden.“
    (http://www.schulministerium.nrw.de/BP/VERENA
    http://www.schulministerium.nrw.de/BP/jspsrc/verena/Hinweise/geeignet.html)

    Weiter steht auf der Seite der Jobbörse VERENA:
    „Ich habe eine passende Vertretungsstelle gefunden.
    Was muss ich nun tun?
    - Bitte nehmen Sie Kontakt zu der gewählten Schule bzw. zum ausschreibenden Schulamt auf. Die Schulleitung trifft i.d.R. nach einem persönlichen Gespräch die Entscheidung, ob Sie für die Tätigkeit als Vertretungskraft geeignet sind.
    - Sollten Sie eine Zusage erhalten, setzt sich die Schulleitung mit der zuständigen Schulbehörde in Verbindung, damit Sie von dort Ihren Arbeitsvertrag erhalten.“

    Auf der Homepage finden sich keine Hinweise darauf, welche Fortbildungs- bzw. Ausbildungsmaßnahmen einer Aushilfslehrkraft offen stehen, um sich auf den Vertretungsunterricht vorzubereiten.

    Den jüngsten Medienberichten ist zu entnehmen, dass man als nicht pädagogisch, sondern nur fachlich geschulte Person ohne weitere Vorbereitung in den Schuldienst geschickt wird und sogar eine Klassenleitung angetragen bekommt.

    Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

    1. Welche Fortbildungs- bzw. Ausbildungsmaßnahmen stellt die Landesregierung Aushilfslehrkräften zur Verfügung, damit sie sich auf den Lehrdienst vorbereiten können?

    2. Wie viele Aushilfslehrkräfte werden im Moment an Schulen in NRW beschäftigt? (Bitte nach Region aufschlüsseln).

    3. Wie viele Lehrstellen wurden in den letzten 2 Jahren mit Aushilfslehrkräften besetzt, obwohl diese Stelle mit einer ausgebildeten Lehrperson hätte besetzt werden müssen?

    4. An welchen Schulformen besteht zurzeit in welchem Umfang ein Einstellungsbedarf?

    5. Welche Erfahrungen haben die Schulen mit den Aushilfskräften in welchen Schulformen gemacht?

    Antwort der Ministerin für Schule und Weiterbildung vom 5. Oktober 2007 namens der Landesregierung:

    Vorbemerkung

    Der Internetauftritt VERENA ist Anfang 2005 eingerichtet worden, um den Schulen die Suche nach geeigneten Vertretungslehrkräften zu vereinfachen. Er ist eine Plattform, um vertretungssuchenden Schulen und vertretungsbereiten Lehrkräften einen schnellstmöglichen Kontakt zu ermöglichen.

    Seit Übernahme der Regierungsverantwortung durch die jetzige Landesregierung wurden bis zum Schuljahr 2007/08 über 3.000 Stellen gegen Unterrichtsausfall und für individuelle Förderung zur Verfügung gestellt. Ein Großteil dieser Stellen kommt Grundschulen und Hauptschulen in sozialen Brennpunkten zu Gute.

    Hinzu kommen bislang 1.541 zusätzliche Stellen für die offene Ganztagsschule im Primarbereich und die erweiterte Ganztagshaupt- und Ganztagsförderschule in der Sekundarstufe I. Darüber hinaus hat die Landesregierung eine schulübergreifende Vertretungsreserve für die Grundschulen im Umfang von 900 festen Planstellen eingerichtet.

    Weiterhin hat die Landesregierung zum Schuljahr 2007/08 mit einem zusätzlichen finanziellen Kraftaufwand 1.000 Stellen im System belassen, die nach dem letzten von der Vorgängerregierung verantworteten Haushalt zum 31.07.2006 ersatzlos wegfallen sollten und für die dementsprechend in der Mittelfristigen Finanzplanung keinerlei Mittel mehr eingestellt waren.

    Damit wird deutlich, die jetzige Landesregierung hat eine Vielzahl zusätzlicher Stellen zur Verfügung gestellt und auch besetzt. Sie setzt klare Prioritäten für Unterricht und Schule. Das ist auch am Haushaltsplan 2007 für den Schulbereich zu erkennen, der steigende Ausgaben und steigende Lehrerstellenzahlen aufweist, obwohl die Schülerzahlen gesunken sind. So konnten seit Beginn des Schuljahres 2005/06 mehr als 15.000 Lehrkräfte auf Dauer in den Schuldienst eingestellt werden; dabei handelt es sich auch um Lehrkräfte, die zum Teil schon seit mehreren Jahren in befristeten Beschäftigungsverhältnissen Vertretungsunterricht geleistet haben.

    Durch Mutterschutz, Elternzeit und langfristige Erkrankungen ergibt sich in allen Schulformen Bedarf an vorübergehendem Vertretungsunterricht. Zurzeit sind 307 Vertretungsbedarfe ausgeschrieben (Stand: 21. September 2007). Das dort angegebene Stundenvolumen entspricht ca. 0,16% aller Lehrerstellen im Schulbereich des Landes Nordrhein-Westfalen. Um den Vertretungsbedarf abzudecken, stellt das Land ausreichend Mittel und Stellen zur Verfügung.

    Bei der Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber für den Vertretungsunterricht stehen ausgebildete Lehrkräfte mit der entsprechenden Lehramtsbefähigung an erster Stelle. Nachrangig kommen auch Lehrkräfte mit einem anderen Lehramt in Betracht. Danach besteht auch für andere geeignete Personen die Möglichkeit, Vertretungsunterricht zu erteilen, wie zum
    Beispiel:
    - Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter, Studienreferendarinnen und Studienreferendare, die ihre unterrichtspraktischen Prüfungen für die Zweite Staatsprüfung erfolgreich abgelegt haben und zusätzlich selbstständigen Unterricht bis zum Ende ihres Vorbereitungsdienstes erteilen wollen,
    - zukünftige Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter, Studienreferendarinnen und Studienreferendare, die alsbald ihren Vorbereitungsdienst beginnen,
    - sonstige qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber, deren Eignung die Schulleiterin oder der Schulleiter vor Ort nach deren beabsichtigtem Einsatz prüft.

    Zur Frage 1

    Lehrkräfte ohne Befähigung zu einem Lehramt, die in ein Dauerbeschäftigungsverhältnis übernommen werden sollen (Seiteneinstieg), nehmen entweder am berufsbegleitenden Vorbereitungsdienstteil oder erhalten eine einjährige pädagogische Einführung, die an der Schule und einem Studienseminar stattfindet.
    Vertretungslehrkräfte ohne Befähigung zu einem Lehramt, die für einen vorübergehenden Zeitraum zur Deckung der aktuellen Unterrichtsversorgung an einer Schule einen befristeten Arbeitsvertrag erhalten, sollen durch die Schule pädagogisch eingeführt und begleitet werden. Dafür bieten sich schuleigene Arbeitspläne an, mit der jede Vertretungslehrkraft neben den allgemeinen Informationen auf die erforderlichen Detailinformationen über den aktuellen Unterrichtsstand in den Klassen zurückgreifen kann. Die Teilnahme an der einjährigen pädagogischen Einführung ist wegen des vorübergehenden Einsatzes an der Schule nicht vorgesehen.

    Zur Frage 2

    Diese Daten werden statistisch nicht erfasst. Zur Beantwortung der Frage wäre eine umfangreiche Abfrage bei den Bezirksregierungen und Schulämtern erforderlich. Dieser Erhebungsaufwand steht in keinem angemessenen Verhältnis zu dem üblicherweise zu leistenden Aufwand zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage.

    Zur Frage 3

    Wie viele Lehrkräfte ohne Lehramtsbefähigung als Vertretungslehrkräfte in den letzten zwei Jahren an Schulen eingestellt wurden, wird statistisch nicht erhoben.

    Zur Frage 4

    Der Einstellungsbedarf lässt sich anhand der zurzeit ausgeschriebenen Stellen und Vertretungsbedarfe bestimmen (Stand: 21. September 2007):
    Einstellungsbedarf für Dauerbeschäftigungsverhältnisse besteht zurzeit an fünf Schulen. Zurzeit sind 307 Ausschreibungen für Vertretungsbedarfe mit unterschiedlichem Stundenvolumen für einen befristeten Beschäftigungszeitraum veröffentlicht.

    Zur Frage 5

    Eine pauschale Wertung zu den Erfahrungen mit Vertretungslehrkräften in den einzelnen Schulformen ist nicht möglich. Dies hängt von der individuellen Beurteilung der Vertretungslehrkraft, ihrer Qualifikation und ihrer bisherigen Ausbildung sowie der Beurteilung der Schule ab, an der sie eingesetzt ist.
    Für alle Schulformen gilt, dass Vertretungslehrkräfte im nordrhein-westfälischen Schuldienst einen wichtigen Baustein bei der Sicherung der Unterrichtsversorgung darstellen und wertvolle Arbeit an jeder Schule leisten.