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    30. September 2007

    Lesen durch Schreiben

    LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
    14. Wahlperiode
    Drucksache 14/5599
    29.11.2007

    Antwort
    der Landesregierung
    auf die Kleine Anfrage 1964
    der Abgeordneten Renate Hendricks SPD
    Drucksache 14/5286

    Lesen durch Schreiben

    Wortlaut der Kleinen Anfrage 1964 vom 22. Oktober 2007:

    Im Mittelpunkt der Methode „Lesen durch Schreiben“ sollen die Freude am Schreiben, die Förderung der Kreativität und der Selbständigkeit der Kinder und in Folge das daraus resultierende Lesen stehen. Hierbei sollen die Kinder individuell beim Schreiben per Anlauttabelle das Lesen lernen. Die Methode sieht vor, dass die Kinder nicht wie beim herkömmlichen Fibelunterricht zunächst gemeinsam Buchstaben, leichte Wörter und später kurze Sätze üben, sondern per Anlauttabelle von Anfang an kleine Wörter schreiben und mit der Zeit auch lesen.

    An den nordrhein-westfälischen Grundschulen ist die Methode weit verbreitet und viele Lehrer/ innen wenden diese in ihrem Unterricht an. Mittlerweile erfuhr die Methode „Lesen durch Schreiben“ jedoch massive Kritik. Dies belegt auch die auf 2 Jahre angelegte so genannte „Marburger Studie“. Die Ergebnisse der Studie belegen, dass beispielsweise, dass der Unterricht mit der Methode 16 % rechtschreibschwache Kinder produziert hat. Nach Klasse 2 steigt die Zahl der geschädigten Kinder auf dramatische 23 % an. Bei einem Unterricht mit der Fibel liegt die Zahl der rechtschreibschwachen Kinder nach Klasse 1 bei 6 %, nach der Klasse 2 bei 5%. Die Anzahl der schlechten Rechtschreiber ist bei Kindern, die nach der Methode unterrichtet wurden, nahezu 5 mal so hoch wie bei Kindern, die nach einer Fibel unterrichtet wurden.

    Solche eklatanten Lese-Rechtschreib-Schwächen können sich nicht nur etwa bei späteren Einstellungstests oder beim beruflichen Werdegang nachteilig auswirken. Vielmehr können zudem schlimme krankhafte Erscheinungen, die Folge nicht behandelter Lese-Rechtschreib-Schwäche sein. Hierzu gehören unter anderem Verhaltensstörungen (Hyperaktivität, Impulsivität, Aufmerksamkeitsstörung, Gewalttätigkeit, provozierende Verhaltensweisen) und inversive Störungen (Zurückgezogenheit, traurige Stimmung, depressive Störungen mit Selbstmordgedanken, Schlafstörungen, Gewichtsverlust, morgendliches Erbrechen, Kopf und Bauchschmerzen, nächtliches Einnässen, auch wenn zuvor bereits seit Jahren trocken, diverse psychosomatische Erkrankungen).

    Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

    1. Wie viele nordrhein-westfälische Grundschulen wenden die Methode „Lesen durch Schreiben“ an?

    2. Sind der Landesregierung die in der genannten Studie geäußerten kritischen Anmerkungen oder andere Studien hierzu bekannt?

    3. Wie bewertet die Landesregierung die Kritik?

    4. Welche Erfahrungen liegen der Landesregierung seit der Einführung der Methode vor?

    5. Hat die Landesregierung diesbezüglich Evaluierungen durchgeführt (beispielsweise in den Lernstandserhebungen)?

    Antwort der Ministerin für Schule und Weiterbildung vom 27. November 2007 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration:

    Zur Frage 1

    Zu dieser Frage werden von Seiten der Landesregierung keine Daten erhoben.

    Zur Frage 2

    Ja.

    Zur Frage 3

    Grundsätzlich besteht für Lehrerinnen und Lehrer in Nordrhein-Westfalen Methodenfreiheit (§ 3 SchulG Abs. 1). Die schulformspezifischen Vorgaben für den Unterricht in den einzelnen Fächern sind in den Richtlinien und Lehrplänen als verbindliche Ziele und Inhalte festgeschrieben.
    Zusätzlich werden seit 2004 durch die Bildungsstandards die Ziele im Fach Deutsch am Ende von Klasse 4 als erwartete Lernergebnisse formuliert.
    Die Lehrerinnen und Lehrer in den Grundschulen verfügen über eine hohe und vielfältige Methodenkompetenz. Unabhängig von der gewählten Unterrichtsmethode ist es Aufgabe von Lehrerinnen und Lehrern, die Lernentwicklung eines jeden Schülers zu beobachten und zu begleiten, um frühzeitig mögliche Schwierigkeiten im Lernprozess zu erkennen und durch geeignete Fördermaßnahmen entgegenwirken zu können.

    Zur Frage 4

    Probleme, wie sie in der Kleinen Anfrage dargestellt werden, sind dem Ministerium für Schule und Weiterbildung nicht bekannt.

    Zur Frage 5

    Es wurden diesbezüglich keine Evaluierungen durchgeführt. Bei den Lernstandserhebungen in Klasse 3 werden Kompetenzen im Lesen und in der Rechtschreibung überprüft, es werden jedoch keine Daten zu den gewählten Unterrichtsmethoden in den einzelnen Klassen erhoben.