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    13. November 2008

    Anerkennung und Unterstützung sind die Säulen jedes bürgerschaftlichen Engagements

    Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zum Antrag von CDU/FDP "Das Schützenbrauchtum verdient unsere Anerkennung und Unterstützung" (Drs. 14/7337 Hier geht es zum Antrag...) Anerkennung und Unterstützung sind die Säulen jedes bürgerschaftlichen Engagements Das bürgerschaftliche Engagement ist ein wichtiger Bestandteil einer solidarischen Kultur des Zusammenlebens. Deshalb ist es ein gutes Zeichen, dass viele Menschen in Nordrhein-Westfalen ehrenamtlich, bürgerschaftlich oder in der Selbsthilfe aktiv sind. Ehrenamtliches, bürgerschaftliches und Selbsthilfe-Engagement ist von einer Vielzahl unterschiedlicher Motive getragen. Soziale Überzeugungen, persönliche Betroffenheit, Wille zur politischen Veränderung oder Interesse und Bereitschaft für ein zeitlich befristetes und überschaubares Engagement sind sehr unterschiedliche, aber gleichwertige Zugänge zu ehrenamtlicher Arbeit und Selbsthilfe. Oft ist dies verbunden mit einer starken, emotional geprägten Identifikation mit der in den verschiedenen Verbänden und Organisationen tradierten Begrifflichkeit — sei es nun Ehrenamt, Bürgerschaftliches Engagement, Freiwilligenarbeit oder Selbsthilfe. Auch das Schützenwesen leistet einen unverzichtbaren und höchst anerkennenswerten Beitrag im Sinne einer gemeinschaftsorientierten Arbeit. Es steht aber damit nicht allein: So wie die Schützen im sog. Sommerbrauchtum, leisten z. B. auch die Karnevalisten im sog. Winterbrauchtum einen wichtigen Beitrag für das Gemeinwesen. Auch das Ehrenamt im Karneval verdient deshalb Beachtung und Anerkennung. Karneval hat eine lange Tradition in unserem Land. Neben der Weitergabe gewachsener Traditionen an die Jugend liegt die Aufgabe der Karnevalsgesellschaften darin, Menschen eine sinnvolle Aufgabe in den Vereinen zu geben. Karnevalsgesellschaften sind in ihrem lokalen Umfeld engagiert und führen Menschen ebenfalls zu ehrenamtlichem Engagement. Allein in NRW sind 1 Mio. Mitglieder in den jeweiligen Vereinen tätig. Eines der größten Betätigungsfelder für ehrenamtliches Engagement ist der Sport: Zahllose Sportvereine und ihre ehrenamtlichen Mitglieder sorgen für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Der Landessportbund Nordrhein-Westfalen vertritt die Interessen seiner rund fünf Millionen in gemeinnützigen Sportvereinen, Sportbünden und Sportfachverbänden organisierten Mitglieder. Sport, Spiel und Bewegung können der Gesundheitssicherung und der Gesundung sowie der Integration benachteiligter und ausgegrenzter Gruppen – vor allem Menschen mit Behinderung, Migrantinnen und Migranten, aber auch Mädchen und Frauen – dienen. Diese und viele weitere Einrichtungen und Organisationen wie z. B. die Bürger- und Heimatvereine, die Freiwilligen Feuerwehren, Nachbarschaftshilfen aller Art, Genossenschaften, Alternativprojekte in vielen gesellschaftlichen Arbeitsfeldern verfolgen neben den Zielen ihres gruppennützigen Engagements vielfältige soziale und jugendfördernde Aktivitäten, die den Zusammenhalt zwischen den Generationen ebenso fördern wie die Gemeinschaft über soziale Grenzen hinweg. Frauen sind im Ehrenamt in besonderem Maße engagiert. Ihr Engagement erstreckt sich dabei weniger auf die Übernahme von Ämtern und Vorstandspositionen, sondern auf die nicht minder wichtige Arbeit im Hintergrund. Obwohl sie damit in besonderem Maße zum Gelingen ehrenamtlicher Aktivitäten beitragen, bleiben sie bei Ehrungen und in der öffentlichen Wahrnehmung eher unberücksichtigt. Der Deutsche Bundestag hat 2002 mit dem Bericht der Enquête-Kommission "Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements" eine umfassende Diskussionsgrundlage geliefert, die geeignet war, die Bedeutung des Themas in der öffentlichen Debatte zu befördern und auch zu zahlreichen Verbesserungen bei der Unterstützung des Ehrenamtes geführt hat. Dass die ehrenamtliche Betätigung bzw. das bürgerschaftliche Engagement nicht nur eine Privatangelegenheit ist bzw. keine selbstgenügsame banale Organisationsaktivität, gar bornierte „Vereinsmeierei“ darstellt, wird dort ausdrücklich ausgeführt:
    "Bürgerschaftliches Engagement ist im Kern keine belastende Pflicht. Sich für die Gemeinschaft einzusetzen, macht Spaß und ist Voraussetzung für ein selbstbestimmtes, erfülltes Leben. Dabei dürfen und müssen persönliche Neigung und allgemeines Wohl zusammenkommen. Daher ist Engagement im Sport oder Karnevalsverein, in Chören, Orchestern oder bei den Schützen genauso wichtig wie in der Feuerwehr, im Rettungsdienst, in der Kirchengemeinde, in der Jugendarbeit oder in Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen. Für die Gesellschaft entscheidend ist die Integration ihrer Mitglieder auch über selbst gewählte überschaubare Gemeinschaften, in denen sie an Entscheidungen partizipieren und soziales, demokratisches Verhalten erleben und einüben können und sind die Impulse, die dort entstehen und die für politische Prozesse unverzichtbar sind. Das hier aufgebaute soziale Kapital ist für den Erfolg des demokratischen Staatswesens unverzichtbar. Für das Geschenk von Zeit, Geld und Ideen, das über 20 Millionen Bürgerinnen und Bürger in dieser Form unserer Gesellschaft machen, müssen wir dankbar sein." (Deutscher Bundestag, Drs. 14/8900, S. 66)
    Der Landtag erwartet von der Landesregierung, dass sie das freiwillige bürgerschaftliche Engagement in seiner ganzen Bandbreite durch geeignete Maßnahmen stärkt. Sie soll dazu beizutragen, dass das freiwillige Engagement in allen Bereichen öffentlich deutlicher wahrgenommen wird und mehr Anerkennung findet. Neben die Anerkennung und Förderung des Schützenbrauchtums muss deshalb gleichberechtigt auch die gleichwertige Förderung weiterer ehrenamtlicher Betätigungsfelder in anderen Brauchtumsbereichen wie auch in der sozialen Arbeit in Wohlfahrtsverbänden, Freiwilligenzentralen und Ehrenamtsbörsen, die gesundheitliche Selbsthilfe, das Ehrenamt im Sport oder die Mitarbeit in Natur- und Umweltschutzverbänden, in Landschaftsbeiräten, der Landschaftswacht und in Eine-Welt-Gruppen, in Senioren- und Behindertenbeiräten sowie in Ausländerbeiräten oder in lokalen Gruppen zur Verwirklichung der Agenda 21 treten. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
    • einen übergreifenden Ansatz für Förderung des Ehrenamtes zu entwickeln,
    • dabei die notwendige konkrete Rahmenbedingungen für die verschiedenen Bereiche ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Engagements zu definieren und
    • eine Konzeption für einen übergreifenden Ehrenamts-Preis zu entwickeln, die den bereits ins Leben gerufenen Preis für herausragendes ehrenamtliches Engagement in der Kultur "Der Dank – Ehrensache Kultur" einbezieht und weiterentwickelt.
    Hannelore Kraft Carina Gödecke Britta Altenkamp Wolfgang Jörg Liesel Koschorreck Gerd Stüttgen und Fraktion