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    09. September 2008

    Investitionsprogramm Emissionshandel für NRW

    Antrag der Fraktion der SPD Investitionsprogramm Emissionshandel für NRW I. Emissionshandel zum Nutzen Nordrhein-Westfalens gestalten Klimaschutz kostet Geld, kein Klimaschutz kostet viel mehr Geld. Der Klimawandel bewegt in jedem Fall hohe Milliardenbeträge: entweder zur Beseitigung von Klimaschäden oder zur nachhaltigen Umgestaltung des weltweiten Umgangs mit Energie. Dies ist eine zentrale Erkenntnis vieler Untersuchungen des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC). Beim Besuch des Wirtschaftsausschusses im Institut für Klimafolgenforschung in Potsdam hat dies Professor Dr. Schellnhuber nochmals eindrucksvoll bestätigt. Der Emissionshandel gibt der Belastung der Atmosphäre mit CO2 einen Preis; das Verursacherprinzip kommt damit erstmals auch beim Klimaschutz zur Anwendung. Nordrhein-Westfalen ist in einer besonderen Situation. Die Industrie basiert in vielen Bereichen auf energieintensiven Prozessen, die zwangsläufig mit der Emission von CO2 verbunden sind. 44 % der vom Emissionshandel in Deutschland erfassten Emissionen entstehen in NRW. Mit Blick auf das Weltklima wäre nichts gewonnen, wenn Energieerzeugung und Industrie aus NRW in Länder mit niedrigeren Umweltstandards verdrängt würden. Es ist standort- und klimapolitisch geboten, eine De-Industrialisierung durch eine industrieverträgliche Ausgestaltung des Emissionshandels zu verhindern und gleichzeitig die CO2-Emissionen zu senken. Hierzu sind Investitionen erforderlich, die das Klima schützen und gleichzeitig Arbeitsplätze am Standort NRW sichern. Die Anträge "Keine Aufbauhilfe Nord, Süd, Ost: Landesregierung muss endlich Energiepolitik für NRW machen" (Drs. 14/7394) und "Einnahmen aus dem Emissionshandel nutzen für Nationale Kraftanstrengung zur Energetischen Gebäudesanierung" (Drs. 14/7346) beschreiben die Ausgangssituation Nordrhein-Westfalens. Bereits im Jahr 2008 werden rund 1 Milliarden Euro aus der Versteigerung von lediglich 10 % der Zertifikate dem Bundeshaushalt zufließen. Hiervon werden ca. 440 Millionen Euro aus NRW finanziert. Von den in Zukunft zu erwartenden Einnahmen des Bundes in Höhe von ca. 10 Mrd. € werden jährlich 4 bis 5 Mrd. € aus NRW kommen. Dieses Geld wird in NRW bewegt. Es muss zukünftig in NRW in Klimaschutzmaßnahmen investiert werden. Wenn die Landesregierung sich nicht aktiv auf Bundesebene für eine Verwendung dieser Mittel in NRW engagiert, steht zu befürchten, dass ein großer Teil der Mittel aus NRW nicht wieder nach NRW zurückfließen würde. Für Nordrhein-Westfalen ist es von vitalem Interesse, den nachhaltigen Umbau der Industriegesellschaft so zu gestalten, dass der weitere Strukturwandel ohne bruchartige Entwicklungen erfolgt. Um diese Aufgabe zu bewältigen, sind finanzielle Mittel in Milliardenhöhe erforderlich. Für die nordrhein-westfälischen Anforderungen an den Emissionshandel sind zwei Aspekte deshalb entscheidend. Erstens ist die sachgerechte Vollausstattung der energieintensive Industrie mit den benötigten Zertifikaten erforderlich. Zweitens muss ein Investitionsprogramm Emissionshandel die Erlöse aus dem Emissionshandel in NRW einsetzen, um hier den Energieverbrauch zu senken, die Effizienz zu steigern und den Kraftwerkspark zu erneuern. Aufgrund der stark gestiegenen Kraftwerkskosten werden derzeit viele Investitionsentscheidungen für den Austausch alter Kraftwerke durch neue Kraftwerke zurück gestellt. Eine Vielzahl uralter ineffizienter Kraftwerke bleibt länger am Netz. Die derzeitigen Bedingungen des Emissionshandels in der 2. Handelsperiode (Benchmark mit überwiegend kostenloser Zuteilung) bieten offensichtlich keinen ausreichenden Anreiz für Neuinvestitionen. Strom wird heute noch zum größten Teil in Kraftwerken erzeugt, deren Abwärme ungenutzt an die Umgebung abgegeben wird. In der Nachbarschaft vieler Kraftwerke werden zum Teil schlecht isolierte Gebäudebestände mit Öl, Gas oder sogar mit Strom beheizt. Um Kosten zu sparen, Ressourcen zu schonen und das Klima zu schützen, muss der Energieverbrauch gesenkt und die gesamte Energieeffizienz erhöht werden. Hierzu sind neben verstärkter Energieberatung die umweltfreundliche Kraft-Wärme-Kopplung massiv auszubauen und Gebäudebestände energetisch zu sanieren. Bei einer Fortsetzung der bisherigen Praxis des Emissionshandels mit kostenlosen Zertifikaten und einer weiteren Umverteilung von Mitteln zu Lasten Nordrhein-Westfalens würde einem nachhaltigen Umbau der Energiewirtschaft in NRW die finanzielle Basis entzogen. Nur bei der aus vielen Gründen sinnvollen Vollauktionierung in der Energiewirtschaft stehen ausreichend Mittel zur Verfügung. II. Emissionshandel in der dritten Handelsperiode industrieverträglich ausgestalten Der Landtag fordert die Landesregierung auf, zu den Beratung der Ausgestaltung des Emissionshandels auf Europäischer Ebene die Interessen der energieintensiven Industrie Nordrhein-Westfalens zu vertreten und deshalb mit der Bundesregierung folgende Punkte gegenüber der europäischen Kommission durchzusetzen:
    • 1. Vollausstattung in der Industrie nach Benchmarks, die brachenspezifisch auf Basis der besten verfügbaren Technik festgelegt werden (sog. BAT-Benchmarks); Investitionssicherheit durch zeitnahe Entscheidung über diese Benchmarks deutlich vor 2010,
    • 2. Beihilferechtliche Absicherung, damit in den Mitgliedsstaaten Auktionserlöse auch genutzt werden können, um Wettbewerbsverzerrungen durch steigende Strompreise in besonders energieintensiven europäischen Branchen zu kompensieren.
    III. Investitionsprogramm Emissionshandel NRW Der Landtag fordert die Landesregierung auf, bei der weiteren nationalen Umsetzung des Emissionshandels bereits in der laufenden zweiten Handelsperiode die Interessen Nordrhein-Westfalens zu vertreten und deshalb die im Folgenden genannten Punkte durchzusetzen.
    • 1. Nach NRW fließen 44 % der Mittel, die bundesweit aus den Erlösen des Emissionshandels für Klimaschutzmaßnahmen eingesetzt werden. Dies ist durch eine sachgerechte Ausgestaltung der Förderprogramme sicherzustellen.
    • 2. Eine Energiesparoffensive aus den Erlösen unterstützt Verbraucherinnen und Verbraucher, Unternehmen sowie Kommunen beim Energiesparen z. B. durch:
      • a) energetische Sanierung des gesamten Gebäudebestandes in NRW,
      • b) Finanzielle Förderung der Solarthermie ("1.000.000 Solardächer für NRW")
      • c) Austausch von klimaschädlichen Elektroheizungen,
      • d) flächendeckende kostenfreie Energieberatung für Privathaushalte, Kommunen und Unternehmen,
      • e) Zuschüsse zum Erwerb hocheffizienter Geräte wie z. B. Pumpen und Kälteanlagen in Unternehmen, Kühlschränken sowie Waschmaschinen und Fernsehern in Privathaushalten, Heizungsanlagen,
      • f) Fuhrparks,
      • g) Maßnahmen der umwelt- und klimafreundlichen Mobilität wie Radwege, Radstationen, Elektrofahrzeuge für den Stadtverkehr
    • 3. Ein Investitionsprogramm Emissionshandel fördert Investitionen, die den Primärenergieverbrauch massiv senken. Für NRW kommt es auf folgende Punkte besonders an:
      • a) Ersatz von klimaschädlichen Altanlagen durch hocheffiziente neue Kraftwerke,
      • b) Neubau von Kraftwerken als hocheffiziente KWK-Anlagen,
      • c) Ausbau der Nah- und Fernwärmenetze,
      • d) Forschung, Entwicklung und Produktion von Verfahren und Anlagen der Erneuerbare Energien, wie z. B. Umrüstung von Kläranlagen und Kompostwerken zur Biogasgewinnung und Biogaseinspeisung in vorhandene Gasnetze,
      • e) Forschung, Entwicklung und Produktion von Verfahren und Anlagen zur Netzintegration von Erneuerbaren Energien (z. B. virtuelle Kraftwerke, Energiespeicherung, Elektrotankstellen, Hochspannungs-GleichstromÜbertragungsnetze)
      • f) Forschung, Entwicklung und Produktion von Verfahren und Anlagen zur Abscheidung, zum Transport und zur Lagerung von CO2.
    Hannelore Kraft Carina Gödecke Norbert Römer Thomas Eiskirch Uwe Leuchtenberg und Fraktion