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Rede: Konzept Nationalpark Siebengebirge transparent und umfassend prüfen lassen

Umwelt

Rede von Renate Hendricks im Plenum am 11. Februar 2009 zum Antrag der SPD
Konzept Nationalpark Siebengebirge transparent und umfassend prüfen lassen

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,
das Siebengebirge ist märchenhaft schön und ein Juwel der Region. Wenn es darum geht, die Schönheit dieses Gebiets zu loben, sind sich Menschen in der Region einig. Das Siebengebirge dient den Menschen als Naherholungs- und Wandergebiet und bietet zahlreiche Ausflugsziele in einzigartiger landschaftlicher Schönheit. Gerade deswegen aber werden alle Veränderungen im Siebengebirge besonders sensibel wahrgenommen.

Seit vielen Jahrzehnten wird der Naturschutz im Siebengebirge mit hervorragendem Ergebnis praktiziert. Mit der 2005 erlassenen Schutzverordnung der Bezirksregierung Köln konnte auch in letzter Zeit vieles umgesetzt werden. Die Merkmale sind beachtlich: Naturschutzgebiet, Europa-Diplom, Nationale Naturlandschaft, Nationaler Geotop und Fauna-Flora-Habitat-Gebiet der EU.
Letzteres ist so hoch zu bewerten wie die Schutzkategorie "Nationalpark", die die Landesregierung für das Siebengebirge nun anstrebt.
In der Zwischenzeit macht der Begriff des "Nationalpark-light" die Runde. Das Ministerium und die Fachbehörde betonen, dass über Rahmenvereinbarungen die Schutzkriterien der Nationalpark definiert werden kann, um den Wünschen der Kommunen und Bürger in diesem Ballungsgebiet nachzukommen.

Seit Jahrhunderten steht das Siebengebirge in enger Wechselwirkung mit dem Menschen: Von den frühzeitlichen Hügelgräbern über die historischen Wegetrassen, den Steinbrüchen, dem Weinbau bis hin zum Alaunabbau trägt das Siebengebirge in seiner heutigen Ausprägung die Handschrift des Menschen. Das Siebengebirge ist ganz klar eine Kulturlandschaft. Dieser Aspekt ist sogar noch weiter entwicklungsbedürftig.

Ein Nationalpark ist demgegenüber ein Gebiet, in dem sich die Natur im Prinzip selbst überlassen bleibt. Wer dies fordert, verkennt die Bedeutung des Siebengebirges als Kulturlandschaft.
Die Artenvielfalt des Siegengebirges ist die Folge dieser Kulturlandschaft. Es gilt also, die Kulturlandschaft zu erhalten und zu pflegen, um die Artenvielfalt zu sichern.

Die Landesregierung und ihre bestellten Gutachter ignorieren die Nachbarschaft des Ballungsraums und die Ungeeignetheit des Gebiets und die Proteste der Bürger. Sie begründen dies mit der "naturräumlichen Geschlossenheit" des Gebietes. Viele Geografen und Fachleute sehen dies jedoch anders - wie die Anhörung zum Nationalpark im Landtag mehr als deutlich gemacht hat. Und wer sich die Karte einmal ansieht, kann das leicht nachvollziehen. Hier gibt es viel Grenze und wenig Fläche.
Die Form des Siebengebirges ist nämlich nicht geschlossen. Südlich des Bonner Gebiets verengt sich die geplante Fläche zu einem Flaschenhals von nur 500 m Breite. Das Gebiet wird begrenzt und durchschnitten von der A3, der A 59 der ICE-Trasse, der viel befahrenen Bahnstrecke im Rheintal, sowie etlichen Straßen, die das Gelände von West nach Ost queren. Ein Verkehrskonzept für das bereits heute von Millionen Besuchern aufgesuchte Gebiet steht weiter aus.

Vor dem Hintergrund der fundierten Kritik, den Bürgerprotesten und der Bedeutung des Siebengebirges sollte eine unabhängige Prüfung der Nationalparktauglichkeit erfolgen.
Dies müsste eigentlich ihr eigenes Interesse sei, um mögliche Konflikte benannt und gelöst werden. Insbesondere die FDP - die die Achtung der Bürgermeinung zugesagt hatte, sollte sich unserem Antrag anschließen. Sie haben es in der Hand, den Fachleuten, den Vereinen und Bürgern nun eine fachlich neutrale Meinung einzuholen, sie müssen die Menschen in der Region nicht manipulieren, sondern aufklären. Aus dieser Pflicht werden sie nicht entlassen.

Wir schlagen deshalb vor, das Bundesamt für Naturschutz mit einem Gutachten zu betrauen. Dies sollte auch im Sinne der Landesregierung sein.
Dabei sollten auch alternative Schutzmodelle mitbedacht werden.

So kommt z. B. das Naturmonument, das nach der Definition der IUCN eigentümliche natürliche und kulturelle Merkmale enthält, der Einzigartigkeit und Struktur des Siebengebirges sehr nah.
In ganz Deutschland existiert bisher kein Naturmonument, so dass sich hier die Möglichkeit böte, mit der Einstufung des Siebengebirges als erstes Naturmonument Deutschlands Neuland zu betreten, so wie es einst auch erstes Naturschutzgebiet Deutschlands war.

In jedem Fall könnte das Land dem Naturschutz im Siebengebirge den Rücken stärken, wenn es die Forstbehörden und engagierten Vereine bei der Umsetzung ihrer Aufgaben mit ausreichend Mitteln ausstatten würde. Dazu bedarf es nicht des Labels "Nationalpark", sondern schlicht des konkreten Handelns.
Die Einführung eines Etikettenschwindel, der letztlich dem Gedanken des Naturschutzes schadet, lehnen wir ab.