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Antwort der Landesregierung: Schließung/Verlagerung der Poliklinik – Leuchttürme statt Versorgung

Gesundheit

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
14. Wahlperiode
Drucksache 14/6499
07.04.2008

Antwort
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage 2336
der Abgeordneten Renate Hendricks SPD
Drucksache 14/6245

Schließung/Verlagerung der Poliklinik – Leuchttürme statt Versorgung

Wortlaut der Kleinen Anfrage 2336 vom 20. Februar 2008:

Mitte 2009 wird die Bonner Poliklinik (seit 01.01.2008 als Medizinische Klinik III, Hämatologie/Onkologie umstrukturiert) des Universitätsklinikums Bonn von ihrem jetzigen innerstädtischen Standort an der Wilhelmstraße in das Klinikgelände auf den Venusberg umziehen und dort zunächst in Containern untergebracht werden. Diese Entscheidung traf der ärztliche Leiter des Klinikums, Professor Michael Lenze, vor dem Hintergrund, dass, so wörtlich, „eine Renovierung des Krankenhauses in der Innenstadt viel zu teuer sei und dem Steuerzahler nicht zugemutet werden könne.“

Die Höhe der Folgekosten für die Unterbringung in einem solchen Containergelände ist jedoch noch nicht absehbar. Experten rechnen mit Kosten in Höhe von 5 Millionen Euro pro Jahr. Für die Bonner Innenstadt würde die Schließung der Poliklinik innerhalb von drei Jahren zudem die zweite Klinikschließung bedeuten. Ursprünglich war die Verlagerung der Poliklinik auf den Venusberg für den Zeitpunkt der Fertigstellung eines neuen Bettenhauses II ab 2012 vorgesehen.

Die ohnehin schon existierende Knappheit von Intensivbetten würde hierdurch weiter verschärft werden. Bereits im Jahr 2005 ist das Johanneshospital geschlossen worden, dass zuvor für etliche Millionen Euro saniert und so ausgebaut wurde, dass auch hier neben den vorhandenen 6 Intensivbetten weitere Intensivbetten hätten eingerichtet werden können.

Auch die Poliklinik ist in den letzten Jahren umgebaut worden. Teile der Ambulanz sowie das Foyer wurden umgebaut und auf einen guten Standard gebracht, die Heroinambulanz wurde völlig neu als unterkellerter und ausbaufähiger Anbau mit vorgesehener Laborfläche für die Poliklinik gebaut. Ebenso ist der Bereich, indem sich die 12 Intensivbetten befinden, renoviert worden. Diese Investitionen wären mit einer Schließung der Poliklinik für den Steuerzahler ebenso fehlgeleitete Investitionen gewesen, wie die Umbaukosten im Johanneshospital.

Mit der Verlagerung der internistischen Stationen der ehemaligen Poliklinik in die Containerklinik und der 12 Intensivbetten in ein noch nicht näher definiertes Provisorium auf dem Venusberg ist
• zu befürchten, dass die Intensivbettenzahl in der Uniklinik in Gänze reduziert wird
• die ambulante Versorgung in der Innenstadt nicht mehr gegeben ist.
• die Ausbildungsmöglichkeiten in einer ambulanten allgemein-internistischen Versorgung zukünftig an der Bonner Universität entfallen
• der Lehrstuhl Poliklinik/Allgemeine Innere Medizin an der Bonner Universität, der ohnehin erst nach Ausscheiden des nächsten internistischen Lehrstuhlinhabers in 2 bis 3 Jahren vorgesehen war, nicht mehr eingerichtet wird.

Mit der neuen Ausrichtung der Universitätsklinik zur Exzellenz ist zudem davon auszugehen, dass es weniger um die Versorgung der Patienten geht, als vielmehr um Forschungsleuchttürme.

Vor diesen Hintergründen frage ich die Landesregierung:

1. Wie viele Gelder sind seit 1985 vom Land in den Standort der Poliklinik an der Wilhelmstraße geflossen? (bitte nach Jahren aufschlüsseln)

2. In welcher Größenordnung sind vom Land für die Renovierungs- und Umbaukosten des Johanneshospitals seit 2000 Gelder zur Verfügung gestellt worden?

3. Wie hoch werden die jährlich anfallenden Kosten für die Unterbringung der Poliklinik einschließlich der 12 Intensivbetten auf dem Containergelände bzw. an weiteren Provisorien veranschlagt?

4. Wie finanziert die Universitätsklinik die Kosten für die Containerklinik?

5. Werden von Seiten der Universität für die Finanzierung der Containerklinik Studiengebühren der Bonner Universität verwendet?

Antwort des Ministers für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie vom 3. April 2008 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales:

Zur Frage 1

Seit 1985 sind für mittelgroße und große Baumaßnahmen in der Medizinischen Poliklinik circa 3,9 Mio. € aufgebracht worden. Hinzu kommen noch Ausgaben für kleinere Maßnahmen und einfache Renovierungen. Deren Bezifferung wie auch die Aufschlüsselung der Ausgaben nach Jahren ist nur mit einem erheblichen zusätzlichen Ermittlungsaufwand möglich, der den für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage bestehenden Rahmen sprengen würde.
Um den Betrieb bis zur ohnehin für 2012 vorgesehenen Verlagerung in das geplante Bettenhaus II im Bestandsbau in der Wilhelmstraße fortsetzen zu können wären insbesondere aus sicherungs- und brandschutztechnischen Gründen zusätzliche Sanierungsinvestitionen erforderlich, die mit ca. 16 Mio. € geschätzt werden.

Zur Frage 2

Das St. Johannes Hospital hat seit dem Jahr 2000 keine Landesförderung nach § 21 KHG NRW erhalten.

Zur Frage 3

Die jährlich anfallenden Betriebskosten für den Containerbau werden nach derzeitigem Planungsstand des Universitätsklinikums Bonn mit ca. 660.000 € geschätzt. Nach vollständiger Umsetzung der Maßnahme wird mit Betriebskosteneinsparungen von ca. 510.000 € jährlich gerechnet. Hinzu kommen dann noch Einsparungen bei den Kosten für medizinisches und nichtmedizinisches Personal.

Zur Frage 4

Das Universitätsklinikum beabsichtigt, die Baukosten - vorbehaltlich der Mittelbereitstellung durch das Land - aus dem Zuschuss für Große Baumaßnahmen (Kapitel 06 103 Titel 891 30) zu decken.

Zur Frage 5

Nein.